SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Ich komme nach einem Vortrag aus dem Unigebäude. Es ist schon dunkel. Und kalt. Trotzdem bewegen sich auf dem Platz der alten Synagoge eine ganze Menge Menschen. Sieht aus, als ob sie tanzen – aber ich höre keine Musik. Endlich verstehe ich: die Tanzenden hören Musik über Kopfhörer. Je nach gewähltem Kanal tanzen sie auf Elektrobeats, Charts oder Swing. Trotzdem passt alles zueinander – eine große Harmonie verbindet alle.

Ich leihe mir auch einen Kopfhörer. Sofort bin ich aufgenommen in diese freundliche bunt gemischte Menge: verschiedene Hautfarben, Altersklassen, Milieus. Keinerlei Aggressionen zu beobachten.´Eine Weile tanze ich neben und mit zwei Mädchen, deren Eltern gut gelaunt gemeinsame Tanzschritte ausprobieren.

Dann lass ich mich in eine kleine Gruppe junger Leute treiben, die aus ganz verschiedenen Ländern zu kommen scheinen, vielleicht ein Sprachkurs? Sie kommunizieren über’s Tanzen miteinander, das funktioniert. Schließlich lande ich bei ein paar Leuten in meinem Alter. Wir tanzen, wir lächeln uns zu, wir fühlen uns versöhnt mit der Welt und mit dem Dasein.

Versöhnt sein, sich anderen verbunden fühlen - genau diese Haltung wollte Nathan Thurlow weitergeben, als er seine Silent Disco vor vier Jahren erfunden hat. Seither taucht er an unterschiedlichen Stellen in der Stadt auf und bietet ohne Pfand oder Gebühren Musik und Tanzen über Kopfhörer an.

Nach langen Jahren innerer Leere hat Thurlow vor ein paar Jahren seinen Glauben gefunden. Dieses unkomplizierte Musik- und Tanzangebot ist seine Art, diesen Glauben auszudrücken. Er will die Liebe, die er erlebt, weitergeben. Ohne Kirche, ohne Institution, einfach so.

Ein Freund sagt über Thurlowe: "Ich glaube nicht, dass er die Absicht hat, seinen Glauben zu verbreiten, sondern nur die Liebe, die dahinter steckt." Für Nathan Thurlowe gibt es da keinen Unterschied. Auf seiner homepage lese ich : „God is love“. Gott ist die Liebe. Ja, denke ich, let’s dance!

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27908
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