SWR4 Abendgedanken

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„Ich mach heut nichts, nichts, nichts, was etwas nutzt, nutzt, nutzt.“ „Nichtsnutz“ heißt dieses Lied von Judith Holofernes und ich frage mich: Kann ich das eigentlich? Also nichts tun? Wirklich nichts tun?

Wenn ich mal Zeit für mich habe, und die to-do-Liste abgearbeitet ist, dann stelle ich fest: Mist, was mache ich jetzt eigentlich?

Nichtstun ist gar nicht so einfach wie es sich anhört. Spazierengehen ohne Hund finde ich seltsam, einfach mal so im Garten sitzen und Löcher in die Luft gucken fühlt sich komisch an. Habe ich verlernt, nichts zu tun? Habe ich Angst als Faulenzerin bezeichnet zu werden?

Mich beschäftigt das. Denn ich merke: Wenn ich immer etwas mache, komme ich nie zur Ruhe. Mein Körper kommt nicht in den Ruhemodus und ich bekomme keine neue Energie. Aber irgendwann ist der Akku leer. Und ich muss etwas tun, um ihn aufzufüllen.

Klingt seltsam, aber vielleicht gibt es einfach Dinge, die Energie kosten und Dinge, die Energie bringen. Folglich muss ich unterscheiden lernen zwischen Tun und Nichtstun. Beides brauche ich. Ich kann nicht immer nur Energie verbrauchen, sondern ich muss mir auch Energie zuführen.

Deswegen ist es sinnvoll, glaube ich, dass ein Tag pro Woche frei ist. Ob das der Sonntag ist oder der Montag oder gar der Donnerstag tut nichts zur Sache. Wichtig ist nur: Ein Tag steht dem Müßiggang zur Verfügung.

Das ist eine uralte Erkenntnis und steht ganz am Anfang der Bibel. Im ersten Schöpfungsbericht heißt es, dass Gott an sechs Tagen die Erde, Himmel, Meer, Tiere, Pflanzen und den Menschen erschaffen hat. Am siebten Tag hat Gott geruht. Er hat nichts getan. Im ersten Buch Mose ist zu lesen: „Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken!“ Gott hat sozusagen das Gute und Gelungene aufgezeigt. Daraus kann ich heute noch Kraft schöpfen.

Gott hatte beim Ruhen gewiss kein schlechtes Gewissen und er musste sich niemanden gegenüber rechtfertigen für die Pause. Vielleicht sollte ich davon etwas lernen und wirklich nicht nur singen, dass ich nichts mache, sondern wirklich mal nichts tun. Oder jedenfalls nur das, was mir Kraft gibt. Einen Tag pro Woche bin ich ein Nichtsnutz, damit der Akku wieder voll wird.

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