SWR3 Gedanken

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Zwischen den Jahren - so werden die Tage zwischen Weihnachten und Silvester auch genannt. Ich mag diese Tage. Sie sind nicht so gefühlsbeladen wie Weihnachten und nicht so knallig wie Silvester. Diese Tage zwischen den Jahren haben was von einer Dämmerung. Wenn der Tag noch nicht ganz gegangen ist und die Nacht noch nicht ganz da. Ein kurzer Zustand des sanften Übergangs, mit dem alles so mild einhüllenden Licht. Die Tage zwischen den Jahren sind für mich wie die Abenddämmerung des Jahres. Meistens hab ich Urlaub in dieser Zeit. Mein Tempo in diesem Zwischenraum wird langsamer. Ich habe Zeit. Zeit zurückzuschauen, auf das Jahr. Dinge zu ordnen, für die ich das ganze Jahr keine Zeit hatte. Nachdenken, inne halten, wie zwischen zwei Atemzügen. Die Zeit zwischen den Jahren ist für mich eine Zeit, die genauso viel mit Religion zu tun hat, wie Weihnachten. Weil ich in dieser Zwischenzeit mein Leben besser betrachten kann, erkennen kann, was ist. Zurückschauen und nach vorn. Was war gut, was will ich beibehalten? Was war schlecht, was muss sich ändern? Die Religion der ich angehöre ermutigt an vielen Stellen zur Veränderung. Wenn Menschen in einer Sackgasse waren, innerlich verkantet waren, dann hat der Mann aus Nazareth seine heilige Gabe eingesetzt und die Verkantung der Menschen gelöst und sie wieder auf den Weg gebracht, auf ihren Weg. Ein zentraler Teil seiner Botschaft war die des „Schon und Noch nicht". Die neue Welt des ganz anderen, befreiten, schönen Lebens, ist schon da, in wunderbaren Ansätzen ahnbar, spürbar. Aber noch nicht in seiner ganzen Fülle. Schon und noch nicht. Wie die Zeit zwischen den Jahren. Das alte Jahr fast schon wieder zu Ende und das neue noch nicht da.

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