SWR2 Wort zum Tag

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Manchmal ist der Plan perfekt, das Timing passt, und doch geht die Angelegenheit schief. Der Grund: Die eigenen Vorurteile vernebeln die klare Sicht. So geschehen bei den Weisen aus dem Morgenland, von denen der Evangelist Matthäus berichtet.

Die Weisen kommen aus dem Zentrum der damaligen Wissenschaft, aus Babylon. Es waren gelehrte, hochgeachtete Männer. Der Evangelist Matthäus nennt sie wörtlich: Magier. Doch hier waren keine Zauberkünstler unterwegs, keine dubiosen Gestalten, die murmelnd Pülverchen zusammenrühren, wir müssen uns vielmehr gebildete Herren vorstellen. In Babylon blühte die Wissenschaft, das Rechtssystem war ausgefeilt, die Menschen verfügten über ein Wissen zu Düngemitteln, das in Europa erst fast zweitausend Jahre später entwickelt werden sollte. Außerdem existierte ein großes astronomisches Wissen.

Die Wissenschaftler aus dem Land der aufgehenden Sonne sehen einen Stern, und es geht ihnen ein Licht auf. Sie machen sich auf den Weg aus dem geachteten Mittelpunkt von Wissenschaft und Forschung in ein unbedeutendes Vasallenkönigtum des Römischen Reichs am Ende der Welt. Und das alles, um ein Neugeborenes zu suchen und anzubeten. Der Plan ist gut, das Timing passt.

Und dann geht es fast schief. Ihre Vorurteile spielen ihnen einen Streich und führen sie in die Irre. Vielleicht wollten sie ihre lange Reise auch abkürzen, kleines Zeichen der Schwäche auch bei hartgesottenen Wissenschaftlern. Der neugeborene König der Juden müsste doch am Königshof zu Jerusalem zu finden sein. Doch dort ist er nicht. Den Weisen hilft dann das interdisziplinäre Gespräch mit den Wissenschaftlern am Hof des Herodes. Sie schließen aus den biblischen Schriften, wo das Königliche Kind zu finden sein wird. Letztlich kommen die Wissenschaftler in Bethlehem an.

Der Evangelist Matthäus weist mit der Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland darauf hin, dass die Geburt Jesu weltumspannende Dimensionen hat.  

Das Vorurteil der so hochgebildeten Weisen gibt mir in der Tat auch heute noch zu denken. Zum einen gilt es, gegenüber der scheinbar so exakten Wissenschaft eine gesunde Portion Skepsis zu bewahren. Zum anderen, die eigenen Vorurteile kritisch im Blick zu behalten. Als sie aus Bethlehem wieder aufbrechen, achten die Weisen nach ihrer fast gescheiterten Expedition auf ihre Träume. Diese raten ihnen, den Rückweg nicht über Jerusalem anzutreten. Wahrscheinlich retten ihnen diese Träume das Leben, denn der König Herodes war kein Freund der Sternenbotschaft. Bei aller Wertschätzung wissenschaftlicher Arbeit – eine gute Portion Zutrauen in die eigene Intuition ist letztlich zielführender als pures Denken. Man nennt das auch: Emotionale Intelligenz.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27828
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