SWR2 Wort zum Tag

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Es hat ja immer was Besinnliches: noch einmal die Kerzen am Weihnachtsbaum anzünden – das müssen aber echte Kerzen sein - und dann dabei zusehen, wie eine nach der anderen erlischt. Dann, im Erlöschen, steigt ein kleines Kringelchen Rauch auf und ehe man sich versieht, ist das auch weg, hat sich irgendwo im Raum verteilt.

Ganz ausgeschlossen, dass Jakobus, der Verfasser des biblischen Jakobusbriefes,  beim Weihnachtsbaumbetrachten auf den Gedanken kam: Genau so ein kleines Rauchkringelchen ist der Mensch. Es muss irgendwas anderes Rauchiges gewesen sein, das ihn zu den Zeilen inspirierte, die in der Bibel so lauten: „Was ist euer Leben?“ liest man bei Jakobus im 4 Kapitel. “Ein Rauch seid ihr, der eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet.“

Ein Kompliment an die Menschen sieht anders aus. Ein Kompliment hebt hervor, wie einzigartig die Menschen sind, „Krone der Schöpfung“, und was sie im Laufe der Geschichte Großartiges geleistet haben, wozu sie im besten Sinne fähig sind. Und das ist ja auch wirklich beeindruckend. Ein Kompliment hebt das Selbstbewusstsein und lobt, selbst dann, wenn es nicht viel zu loben gibt. Das aber, was Jakobus da schreibt, ist das Gegenteil eines Kompliments. „Was ist euer Leben? Ein Rauch seid ihr, der eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet.“ Das mag zwar stimmen – aber will man´s hören? Ist das taktvoll?  Jakobus fand: es ist einfach wahr, und darum sag ich es.  Doch so flüchtig das Menschenleben auch ist, glauben zu dürfen, dass es in Gottes Hand liegt, dass er uns kennt, dass er bei uns ist und bleibt von Ewigkeit zu Ewigkeit, ist der tröstliche Gedanke, den Jakobus voraussetzt. Dass wir, deren Leben nur ein Rauch ist, für ihn mit unserem Namen als einmalige Wesen existieren, davon ist Jakobus überzeugt. Und das schenkt jedem Lebenden eine Würde über seine Vergänglichkeit hinaus.

 „Was ist euer Leben? Ein Rauch seid ihr, der eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet.“, schreibt Jakobus. Die kleine Größe des Menschen besteht darin, dass er diese seine Begrenztheit erkennen kann. Ich kann mir klar machen, dass mein Leben endlich ist. Ich kann mich bewusst dazu verhalten. Im Nachdenken darüber kann ich mein Leben ordnen und ein Stück weit bewusst führen. Darum fügt Jakobus an diesen Satz auch noch einen Ratschlag an: Darum, weil wir und unser Leben so flüchtig sind, weil wir seinen Anfang und sein Ende nicht in der Hand haben, sollen wir bei allem , was wir für die Zukunft, für heute, morgen und in einem Jahr planen, sagen: „Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun.“

Bei diesem Ratschlag hatte Jakobus damals speziell die Großhändler im Auge, die ihre Geschäfte weit im voraus planen mussten. „ Ihr, die ihr sagt: Heute oder morgen wollen wir in die oder die Stadt gehen und wollen ein Jahr dort zubringen und Handel treiben und Gewinn machen – und wisst nicht, was morgen sein wird. Dagegen solltet ihr sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun. “

Auch die gabs`s damals schon, Händler, die Jahre unterwegs waren und ihre Unternehmungen organisieren mussten. Ihnen riet Jakobus: Macht euren Plan – aber bedenkt, dass alles nur unter der Voraussetzung sich realisieren lässt, dass ihr überhaupt noch da seid.

Doch nicht bloß den Händlern, auch Informatikern, Lastwagenfahrern, Rentnerinnen und  Ingenieurinnen und mir hält dieser Vers mit aller Klarheit vor Augen, wie ich über mich und mein Leben denken sollen. Das Leben – flüchtig und unfassbar , und trotzdem mit jeder Stunde und jedem Tag im Licht Gottes.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27825
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