SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Kurz vor Feierabend im Supermarkt. Alle haben es eilig. Schnell noch was Leckeres fürs Abendessen kaufen. Lange Schlangen bilden sich. An der Käsetheke ist es besonders voll. Warum dauert es denn hier so lange? Ganz vorne steht eine Frau. Sie trägt ein gemustertes Kopftuch. Und hat einen Einkaufszettel in der Hand. Anscheinend eine längere Bestellung. Ihr Deutsch ist nicht so gut. Sucht sie etwas Bestimmtes? Die Verkäuferin ist genervt. Sie redet sehr laut. Überdeutlich. Betont jedes Wort so komisch. Als hätte sie es mit einer Schwerhörigen zu tun. „Dat is Gorgonzo-laaaa.“ Ein genervter Blick zur Kollegin neben ihr. Ein Augenverdreher. Die Schlange wird immer länger. Die Verkäuferin kennt kein Erbarmen. „Unmöchlich. Immer diese Leute. Und dann können die noch nich mal anständig Deutsch sprechen...“,  tuschelt sie deutlich hörbar zu ihrer Kollegin.

In der Schlange entsteht Unruhe. Bewegung. Zwei Frauen blicken sich an. Sie kennen sich nicht. Aber man merkt: Sie würden gerne was tun. Trauen sich nicht so richtig. Und dann doch: Entschlossen nickt die eine der anderen zu. Die gibt sich einen Ruck. Und geht nach vorn. Zu der älteren Frau mit Kopftuch. Zur Verkäuferin. Und sagt: „Entschuldigung, es wäre schön, sie würden einfach ihren Job machen und uns Kunden weiterhelfen. Und ich meine, wirklich helfen.“

Es ist dringend an der Zeit, die Stimme zu erheben. Dem fast schon alltäglich gewordenen Rassismus was entgegenzusetzen. Das fällt nicht immer leicht. Aber ich bin überzeugt: Es gibt immer jemanden, der uns dabei unterstützen kann. So wie sich die beiden Frauen gegenseitig ermutigt haben, was zu sagen. Halten Sie Ausschau: Sie sind nicht allein. Und auch wenn mal keiner da ist, dann stärkt mich die Zusage Gottes: „Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht! Denn ich, Dein Gott, bin mit dir, und niemand soll sich unterstehen, dir zu schaden."

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27772
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