SWR3 Gedanken

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Das Kind in der Krippe I

Was ich an Weihnachten besonders toll finde ist, dass Gott die Verhältnisse auf den Kopf stellt. Wie er das macht? Zunächst mal wird sein Sohn in einem zugigen, alten Stall geboren. Nackt. Und ungeschützt. Der, der sehnsüchtig erwartet wird, als Retter der Welt, als mächtiger Friedefürst. Und doch ist von royalem Pomp und Hochsicherheitstufe nichts zu merken. Und dann noch das:

Die Ersten, die davon erfahren, sind nicht die Könige oder wichtigen Staatsmänner dieser Welt. Es sind die Hirten auf dem Feld. Die Ärmsten der Armen damals. Wenig geachtet. Im sozialen Gefüge ganz unten. Ohne großes Ansehen in der Gesellschaft. Und ausgerechnet die wissen als erstes davon, dass etwas Großes passiert, dass die Welt sich ändern wird. Gott stellt die Verhältnisse auf den Kopf. Denn er lässt die Kleinen groß werden.

Wie aber ist das heute? Es fällt mir ehrlich gesagt nicht immer leicht daran zu glauben, dass Gott für gerechte Verhältnisse sorgt. Aber ich habe eine große Sehnsucht genau danach: Dass die Kleinen, die Ärmsten, die am wenigsten geachteten, auch heute ganz groß werden. Dass man zum Beispiel denen zuhört, die sonst nicht gehört werden. Den sogenannten „kleine Leuten“, die ja in Wirklichkeit so gar nicht klein sind. Deren Geschichten haben soviel vom Leben zu erzählen, dass man gut daran täte, genau hinzuhören. Und ich wünsche mir, dass man denen etwas zutraut, auf die sonst vielleicht keiner baut. Jugendlichen ohne Schulabschluss – Menschen mit Ausbildungen, die hier nicht anerkannt sind. Sie wissen vielleicht soviel mehr vom Leben – und vom Überleben. Sie sind wichtig und wertvoll. Sie sollten die Chance haben groß rauszukommen.

Weihnachten befeuert meine Sehnsucht. Denn Gott stellt die Verhältnisse an Weihnachten auf den Kopf. Alles wird anders. Oder... Kann anders werden. Daran glaube ich fest. Es liegt an uns. Machen wir uns bereit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27770
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