SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

In einer Woche ist Weihnachten und um diese Uhrzeit werden viele von Ihnen mit ihren Familien beisammen sitzen und feiern. Ich hoffe, Sie sind schon einigermaßen fertig mit den Vorbereitungen. Dann haben Sie jetzt vielleicht Zeit für etwas Wichtiges: Das Aufräumen. Das habe ich von meinem Vater. Der hat vor Weihnachten immer irgendwann angefangen, zu Hause aufzuräumen.

Als Kind habe ich das nicht wirklich gemocht. Warum das Ganze? Jesus wurde doch in einem Stall geboren und da war sicher nicht alles picobello. Erst viel später als ich erwachsen wurde, habe ich verstanden, worum es meinem Vater ging. Das äußerliche Aufräumen war das eine, viel wichtiger aber war ihm ein eigenes inneres Aufräumen. Vielleicht wie es in einem bekannten Adventslied heißt: „Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich dir?“ Ja, wie kann ich, wie können wir das Christkind am kommenden Montag empfangen? Wie sieht es in mir aus? Kann ich ohne Weiteres in den Lobgesang der Engel einstimmen, wenn sie zum Frieden auf Erden aufrufen? Oder liegt da gerade etwas quer in mir?

Früher wurde diese Frage viel bewusster in der Adventszeit angegangen. Sie wurde in der Kirche aufgenommen, denn der Advent war eine Buß- und Besinnungszeit. Man nahm sich Zeit, um über sich und sein Leben ins Nachdenken kommen. Das ist in den vergangenen Jahrzehnten verloren gegangen. Aber ich finde, ganz vergessen und zur Seite schieben sollte man es nicht. Und so tue ich heute vor Weihnachten das, was mein Vater früher tat: Ich schaue in mich und kläre, was da in Unordnung ist. Ich melde mich bei dem einen oder anderen, der mir aus den Augen geraten ist. Ich schreibe ein paar Zeilen oder nehme einfach mal das Telefon in die Hand, um wieder anzurufen. Eine Entschuldigung, eine Nachfrage, ein gutes Wort – je nachdem, was gerade dran ist. Ich zeige dem anderen dadurch, dass er mir am Herzen liegt. Das sagt viel mehr als ein großes Geschenk.

In einer Woche ist Weihnachten. Also ist noch ein wenig Luft bis dahin und Zeit, um für das Fest etwas vorzubereiten und aufzuräumen. Ich will sie nutzen, damit es ein schönes Fest wird. Denn Weihnachten feiere ich genau so gerne wie mein Vater.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27748
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