SWR4 Abendgedanken

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„Wir gehen noch Madita besuchen.“ Mit diesem Satz machen sich die Kindergartenkinder auf den Weg zum Friedhof. Dort gibt es seit fast einem Jahr direkt am Eingang ein Kindergrab – das erste, das an dieser Stelle ist. Madita liegt dort, 6 Jahre, ein Kindergartenkind, das sich auf die Schule freute. Sie ist innerhalb weniger Tage plötzlich verstorben.

Jedes Mal wenn ich auf den Friedhof komme, gehe ich dort vorbei.

Jedes Mal ist dieses Grab anders geschmückt. Es ist deutlich erkennbar ein Kindergrab, bunt mit vielen Kerzen und einigen Spielsachen, immer neuen Bildern und es ist auch noch nicht fertig eingefasst. Es ist der Ort, wo Madita ist und wo ihre Freundinnen sie besuchen. Und so drücken es auch die Kindergartenkinder aus, wenn sie sagen: „Wir gehen noch Madita besuchen.“

In diesem unkomplizierten Umgang mit dem Tod sind sie uns Erwachsenen voraus. Wenn wir den Friedhof besuchen, dann erleben wir den Verlust des Menschen, der dort begraben ist und spüren Trauer und Einsamkeit.

Auch Madita fehlt ihren Freundinnen. Aber sie nehmen sie noch eine ganze Weile mit hinein in ihr Leben, lassen sie an ihrem Leben teilhaben.

Es gibt einen Text, den ich gerne bei Trauerfeiern vorlese. Er stammt aus einer Kathedrale in England. Und er lädt zu einem unverkrampfteren Umgang mit dem Tod ein: 

Nimm den Tod nicht zu ernst.

Ich bin nur nach nebenan gegangen,

in den nächsten Raum.

Ich bin ich, und du bist du.

Was immer wir füreinander waren,

das sind wir jetzt auch noch.

Nenn mich bei meinem altvertrauten Namen:

Sprich zu mir so, wie du es immer getan hast….

Lache, wie wir immer zusammen gelacht haben,

über die kleinen Scherze, an denen wir uns erfreut haben…

Warum sollte ich dir aus dem Sinn sein, nur deshalb, weil du mich nicht mehr siehst?

Ich warte auf dich, bis wir uns wiedersehen….

Ich warte auf dich, irgendwo ganz in der Nähe, vielleicht gerade nebenan...

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27644
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