SWR3 Gedanken

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Die Japanerin Jeongja Han betreibt ein Geschäft, das sich um die Dinge kümmert, die nach dem Tod eines Menschen übrig bleiben. Sie wird beauftragt, wenn eine Wohnung aufgelöst werden muss und die Angehörigen für das, was sich da so angesammelt hat, keine Verwendung mehr haben. Entrümpelung würde man bei uns wohl sagen. Doch einen großen Container vors Haus, alles rein und weg damit, wie so oft bei uns, ist nicht das, was Jeongja Han macht. In Japan ist Müllentsorgung extrem teuer und darum bekommen ganz viele Dinge dort ein zweites Leben als Gebrauchtware. Entsprechend sorgfältig geht Jeongja Han deshalb mit den Gegenständen um, die sie in den Häusern findet. Aber nicht nur darum. „Ich denke an die Toten, während ich ihre Zimmer leer räume“, sagt sie. „Ich stelle mir vor, was für eine Person dieser Mensch war“. Denn die Dinge, die sie dabei in die Hand nimmt, haben für diesen verstorbenen Menschen ja alle einen Wert gehabt. Und mancher unscheinbare Gegenstand könnte wahrscheinlich ganze Geschichten erzählen über den Menschen, der ihn einmal besessen hat.

Darum macht es für mich einen doppelten Sinn, alte Gegenstände, die noch brauchbar sind, möglichst weiterzuverwenden. Sie sparen wertvolle Ressourcen, die schon heute immer knapper werden. Aber sie sind auch voll von Erinnerungen und erzählen mir im besten Fall noch Geschichten von den Menschen, die sie einmal besessen haben. Eine Art der Wert-Schätzung in doppelter Hinsicht also. Für die Objekte selber und für die Menschen, denen sie einmal lieb und teuer waren.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27640
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