SWR3 Gedanken

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Vor vielen Jahren hat ein früherer Chef von mir sich einen lang gehegten Traum erfüllt und sich ein sündteures Gefährt mit dem Stern in die Garage gestellt. Sechs Zylinder unter der Motorhaube und aller denkbare Komfort im Innenraum. Ein Spleen von ihm, so hat er es selber genannt. Nicht wenige Leute aber hat das damals mächtig auf die Palme gebracht. Dabei hatte der Mann für sein Geld gearbeitet. So, wie jeder von uns. Und einen Lobgesang auf die gelebte Armut habe ich ihn damals nie predigen hören.

Ein Pfarrer im teuren Mercedes. Eine Politikerin, die eine Rolex trägt. Ein Flüchtling mit iPhone. Für manche Menschen offenbar Grund genug, sich mal mächtig aufzuregen. Warum eigentlich? Wenn es nur darum ginge, dass ich das auch unbedingt haben will, wäre ja alles halb so wild. Dann spare ich mir eben das teure Auto oder die Luxusuhr zusammen. Und wenn ich sie dann endlich eines Tages am Handgelenk habe, sollte die Welt wieder in Ordnung sein. Ist sie aber nicht. Denn oft geht es in Wirklichkeit gar nicht um das Auto, die Uhr, das Handy. Es geht um den Menschen, der etwas hat, das er in meinen Augen nicht haben sollte. Kurz gesagt: Ich gönne es ihm einfach nicht. Aus welchen Gründen auch immer. Und das ist dann tatsächlich schlimm. Das deutsche Wort dafür heißt Missgunst und für die Christen früherer Zeiten war sie eine der sieben Todsünden. Nicht von ungefähr. Weil sie eine Haltung ist, die dass das Klima zwischen Menschen bis auf den Tod vergiften kann.

Bevor ich mich also das nächste Mal über irgendwas aufrege, das ein anderer hat - sein Auto, seinen Erfolg, seine Gesundheit – werde ich mich hoffentlich erst mal fragen, warum eigentlich? Ob es nicht so ist, dass ich ihm das schlicht und einfach nicht gönne.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27639
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