SWR3 Gedanken

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Erst wenn ein Mensch vergessen ist, ist er wirklich tot. Den Satz  hat mir eine Mitarbeiterin der Caritas vor kurzem gesagt. Er bedeutet ihr viel. Darum engagiert sie sich auch für ein Projekt, das es seit einem halben Jahr in Mainz gibt.  Ein universaler Trauerort für Menschen aller Nationalitäten. Gleich, ob sie gläubig sind oder nicht. Es ist erst der zweite universale Trauerort in Deutschland. Sie ist überzeugt davon, dass Menschen einen Ort brauchen, an dem sie trauern können. Und an dem sie sich erinnern können an die Menschen, die sie verloren haben. Damit eben kein Mensch vergessen wird.

Zwei Halbkreise aus Beton sind es, die da jetzt in der Mainzer Altstadt inmitten einer kleinen Grünfläche liegen. Wie zwei Arme, die jeden umschließen, der sich zwischen ihnen aufhält.

Ein Ort, der offen ist für alle, die traurig sind. Und doch hat man ganz besonders an jene Menschen gedacht, die keinen Ort haben, zu dem sie gehen könnten. Keinen Friedhof, kein Grab, keine Gedenkstätte. Nichts. Die im besten Fall noch das Bild des geliebten Menschen in ihrer Erinnerung tragen. So wie jene junge Mutter aus Afghanistan, von der sie mir erzählt hat. Mit ihren drei kleinen Kindern ist sie geflohen aus ihrer umkämpften Heimat. Hat sich schließlich in einem überfüllten Flüchtlingsboot auf die lebensgefährliche Reise über das Mittelmeer gemacht. Als dann in der Nacht ein Sturm aufkam, hat sie verzweifelt versucht, ihre Kinder festzuhalten. Bei zweien ist es ihr gelungen. Ihre kleine Tochter aber fiel aus dem schwankenden Boot ins Meer. Sie hat sie nie wiedergesehen.

Für Menschen wie diese junge Mutter ist der Trauerort gedacht. Menschen, die sich erinnern und trauern wollen um die, die sie verloren haben. Damit nicht nur bei Gott, sondern auch hier unter uns kein Mensch vergessen ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27635
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