Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wenn Gott stirbt, dann wählen wir den heiligen Nikolaus zu seinem Nachfolger!” Sagt ein bulgarisches Sprichwort. Ein starker Satz. Ich habe bisher, wenn der Name Nikolaus fiel, eher an Lebkuchen und Äpfel, Nüsse und Mandelkern in einem Schuh oder Teller gedacht. Aber der Nachfolger Gottes?
Nikolaus war Bischof von Myra, einer Stadt in der heutigen Türkei. Ein ungewöhnlicher Bischof, über den ungewöhnliche Geschichten erzählt werden.
Eine der Geschichten handelt von einem bettelarmen Mann. Der war völlig verzweifelt. Er wusste nicht mehr, wie er seine Familie durchbringen sollte. Und so dachte er allen Erns-tes daran, seine drei bildhübschen Töchter an einen Zuhälter zu verkaufen. So würden wenigsten sie den nächsten Winter überleben. Nikolaus hörte davon. Er schlich nachts zu der Familie und warf heimlich Goldmünzen ins Haus. Die Töchter mussten den Gang in die Prostitution nicht mehr antreten. Diese Geschenkgeschichte führt zu unseren, mit Süßigkeiten gefüllten Schuhen oder Tellern.
Ein Märchen? Ja und Nein! Auf jeden Fall aber auch ein Geschichte von heute. Denn auch heute noch führt Armut ins Elend, auch in die Prostitution. Das ist skandalös. Und Niko-laus ist mehr als nur der liebe Onkel, der Kindern Süßigkeiten schenkt. Nikolaus macht vielmehr vor, wie man die skandalöse Armut bekämpft. Ganz simpel und konkret: Armut endet dort, wo Menschen etwas von ihrem Besitz abgeben, wo Eigentum mit Verantwor-tung einhergeht. Mit der Verantwortung für andere, die wenig haben.
„Wenn Gott stirbt, dann wählen wir den heiligen Nikolaus zu seinem Nachfolger!” Nikolaus handelt so, wie ich mir Gott vorstelle. Er hilft Menschen in der Not, mischt sich in Armut und Elend ein. Sieht nicht weg. Dieser Nikolaus ist alles andere als ein bequemer Heiliger. Er fordert mich auf, heute zu sehen, wem ich ein paar Goldmünzen abgeben kann. Und wenn ich die nicht habe: eine Mandarine, eine Tafel Schokolade, ein Suppe, eine warme Decke .... .
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