SWR2 Wort zum Tag

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„Die Bibel ist wie ein Tagebuch der Menschheit“ (van Schaik/ Michel). Habe ich vor einiger Zeit gelesen. Wie in einem Tagebuch kann man darin lesen was die Menschheit immer wieder umgetrieben hat. Bis heute. Seit wir sesshaft geworden sind. Darum gibt es in diesem Tagebuch der Menschheit auch viele Einträge, die von Gewalt erzählen. Und noch mehr von der Sehnsucht, Gewalt zu überwinden und in Frieden leben zu können. Einer dieser Tagebucheinträge ist 2700 Jahre alt. Er stammt vom Propheten Jesaja.

Gott wird die Völker neu ausrichten, schreibt Jesaja: Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Es wird kein Volk gegen das andere mehr das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. (Jes 2). So weit Jesaja.

Gott und Menschen sehnen sich nach Frieden. Jedenfalls der Gott, dessen Stimme sich auch in die Bibel eingetragen hat. Das glaube ich, genau wie viele Jüdinnen und Juden, Christinnen und Christen. Wie kann man Frieden lernen, obwohl Gewalt immer wieder so mächtig ist?

Vielleicht indem ich lerne, dem Frieden viel mehr zuzutrauen, obwohl die Einträge ins Kriegstagebuch der Menschheit nie aufgehört haben. Vor 100 Jahren zum Beispiel. 1918. Mein Großvater war da in französischer Gefangenschaft. Aber er war sicherlich erleichtert, dass er diesen furchtbaren Krieg überlebt hatte. Viele haben sich 1918 geschworen, so etwas darf nie wieder geschehen. So ein Schlachten: „Gott wird die Völker neu ausrichten. Und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“

Zeitweise hat es so ausgesehen, als ob sich die Menschheit ausrichten würde am Geist des Friedens. Als wäre der Glaube an Frieden stark. Und dann sind sie doch grade mal 20 Jahre später in den nächsten Weltkrieg gestürzt. Weil es Leuten gelungen ist, Frieden als nationale Schwäche zu verhöhnen.

Wie verlernen Sie und ich den Glauben an Krieg? Vielleicht indem wir Menschen gründlich und gern zuhören, die Frieden gelernt haben. Christen und Muslimen zum Beispiel in Nigeria. Jahrelang haben sie sich im Bürgerkrieg gegenseitig terrorisiert. Bis sie kapiert haben, nur versöhnen lässt leben. Seither wehren sie sich gemeinsam gewaltfrei gegen Gewalt und ihre Kinder lernen jetzt in der Schule gemeinsam. Sie machen die Erfahrung: Frieden kann man lernen. Und üben.

Vielleicht müssen Sie und ich uns viel mehr solcher Einträge des Friedens in unser Gedächtnis schreiben: ‘Menschen schaffen es, sich zu versöhnen. Das zeigt, dass das Gute da ist. Und dass Gott da ist gegen Gewalt und dass sich seine Kraft entfalten kann. Für Frieden in uns.’

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27596
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