SWR2 Wort zum Tag

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Es gibt Menschen, die andere in ihren Bann ziehen. Das war sicher bei Jesus von Nazareth der Fall. Seine Zeitgenossen haben gespürt, dass in ihm eine besondere Kraft wirkte. Wie er von Gott geredet hat,  war neu und unerhört – und sein Handeln war aufsehenerregend.  Er hat verkündet, dass Gottes Reich nun endlich anbrechen würde, und das zog die Menschen in Scharen an.

Viele haben gehofft,  dass er endlich die Fremdherrschaft der Römer beenden und Israel in seiner alten Macht und Größe wieder aufbauen würde. Und seine Anhänger  haben   insgeheim überlegt, wer dann die einflussreichsten Posten bekäme. Einmal ist sogar die Mutter der beiden Jünger Jakobus und Johannes bei Jesus vorstellig geworden, um die besten Plätze für ihre Söhne einzufordern.

Doch Jesus hat sie ärgerlich zurückgewiesen: „Ihr wisst, dass die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch soll es nicht so sein: wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein.“

Jesus misstraut der Macht, denn sie macht den andern klein und abhängig  und führt leicht zu Missbrauch.  Was Jesus seinen Jüngern ins Stammbuch geschrieben hat, bleibt bis heute für die Kirche eine Herausforderung. Das hat der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche  ja in erschreckender Weise deutlich gemacht. Die Täter haben oft ihre klerikale  Macht als Priester missbraucht, um ihre Opfer zum Schweigen zu bringen. Und die Verantwortlichen in den Bistümern haben vielfach nicht die Opfer sondern die Institution und die Täter geschützt.

Jesus hat keine Macht gewollt. Was er suchte, war die Beziehung zu den Menschen. Er hat regelrecht um sie geworben und sich auf sie eingelassen, selbst wenn es so fragwürdige Subjekte waren wie der korrupte Oberzöllner Zachäus. Jesus  hat  um Kranke keinen Bogen gemacht und sich von einer Prostituierten berühren lassen. Er war überzeugt: das Gottes Reich breitet sich aus, wenn Menschen füreinander da sind, ihre Freude miteinander teilen und ihre  Not gegenseitig lindern. Wenn sie nicht nur den eigenen Vorteil und das eigene Glück suchen sondern  sich für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen, so dass alle leben können, auch die Schwachen.

Das hat quer durch die Geschichte immer wieder  Menschen in Bann gezogen – etwa den Heiligen Martin oder die Heilige Elisabeth, deren Gedenktage jetzt im November gefeiert werden. Sie haben Jesu Liebe gespürt und weitergegeben. 

Ein Offizier und eine Königstochter, die freiwillig auf ihre Macht verzichtet haben, um für andere da zu sein und ihnen zu dienen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27593
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