SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Ich weine nicht gerade häufig. Im letzten Jahr vielleicht zwei Mal. Aber: Weinen tut mir irgendwie gut. Ich habe das Gefühl, wenn meine Tränen fließen, dann fließt auch der Kummer aus mir raus. Meine Tränen trösten mich sozusagen.

Am schönsten ist es natürlich, wenn dann da jemand ist, der mich in den Arm nimmt. Dann fühle ich mich wie ein Kind aufgehoben in den beschützenden Armen seiner Eltern. Am besten aber ist mein Hund: wenn ich weine, dann hüpft mein Hund völlig aufgeregt auf und ab. Dann versucht er, meine Tränen mit seiner Zunge abzuschlecken – ich muss mich seiner schlabbernden Zunge erwehren, fange irgendwann an zu lachen und am Ende halte ich den warmen Hundekörper in meinen Armen und flüstere ihm ins Ohr: „Es wird schon irgendwie alles wieder gut.“ Und ich weiß, es wird schon irgendwie alles wieder gut, irgendwie geht es weiter.

Von Gott wird in der Bibel erzählt: Auch er lässt sich von unseren Tränen berühren. Da steht: Gott sammelt alle unsere Tränen in einem Krug (Psalm 56,9). Ich finde diese Vorstellung sehr tröstlich: meine Trauer und meine Verletztheit gehen nicht verloren, da ist jemand, der sammelt meine Tränen, meinen Kummer und mein Leid. Nichts geht unter, nichts geht vergessen. Und dass ist wichtig, dass nichts vergessen geht. Nicht die Tränen, nicht die verletzten Gefühle. Sie bleiben. Aber wenn ich weiß, dass sie gut aufgehoben sind, geht es einfacher. So kann ich meinen Kummer hinter mir lassen. Manchmal auch anderen verzeihen. Manchmal auch Ungerechtigkeiten stehen lassen. Dann kann ich leichter und befreiter leben… kann beruhigt meine Nase putzen und weitergehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27575
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