SWR2 Wort zum Tag

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Das Leben ist wie ein Buch; es hat eine Melodie; es gleicht einem Baum. Viele Bilder gibt es, in denen sich menschliches Leben fassen lässt. Das wird immer dann bedeutsam, wenn man aus ferner Perspektive auf das Leben schaut – auf das eigene, im Rückblick, oder auf dasjenige eines vertrauten Mitmenschen, zum Beispiel am Grab.

Ein Bild, das mir persönlich sehr wertvoll ist, ist das Bild des Lebensweges. Auch die Bibel kennt es, etwa im Psalm 23: „Der Herr ist mein Hirte“. Verständlich wird das, wenn wir uns deutlich machen, dass hinter der Rede vom „Hirten“ noch eine andere Bedeutung mitschwingt: die des Wegbegleiters. Dann lässt sich der Psalm als Lebensweggedicht meditieren und als Führung in guten wie schlechten Zeiten.

Psalm 23 spricht von einem Wegbegleiter, der die Oasen im rauen Gelände kennt, das zu durchqueren ist: die „grünen Auen“, auf denen sich rasten lässt, die „frischen Wasserquellen“, die den Durst stillen. Andere Verse schildern die Gefahren der Wanderschaft und beschreiben ein Vertrauen in jenen Wegbegleiter, der einem auch dann verlässlich zur Seite geht: „und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir; dein Stecken und Stab trösten mich“.

Das Bild, das der 23. Psalm von Gott zeichnet, ist also nicht nur das Bild eines fürsorglichen Hirten, sondern auch dasjenige eines kundigen Wegbegleiters. Tagsüber geleitet er den Wanderer durch die Gefahren der Landschaft, am Abend zeigt er sich als Wirt einer nächtlichen Herberge: „du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde; du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein“.

Und schließlich das Bekenntnis: „Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.“ Ein dankbarer Rückblick und Ausblick auf Gottes Führung und Begleitung ein Leben lang. Da kann jemand sagen: „Ja, so war es! So habe ich es erlebt. Dafür darf ich dankbar sein.“

Gott spricht Menschen seine Lebenswegbegleitung zu und er steht kraft seines Namens dafür ein. Im Alten Testament wird Gott oft „Jahwe“ genannt. In diesem Namen klingt das hebräische „Ich bin mit euch“, „Ich bin für euch da“ mit an. Um dieses seines Namens willen führt er auf rechter Straße. Und indem er dies tut, erfüllt sich, was sein Name zusagt, erfüllt sich, wofür dieser Name steht.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27522
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