SWR4 Abendgedanken

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100.000 Euro! 100.000 gewinnen: Davon träumen viele. Silvia Wollny hat es geschafft. Sie hat vor zwei Monaten bei Big Brother gewonnen. Die Sendung läuft seit vielen Jahren im Fernsehen: 12 Frauen und Männer leben für zwei Wochen hinter geschlossenen Türen. Überall hängen Kameras und filmen die Teilnehmer auf Schritt und Tritt. Nervlich sind die meisten nach wenigen Tagen am Ende. Und doch bleiben sie dabei und kämpfen um das viele Geld.

Diesmal passiert am Ende von Big Brother etwas, was ich kaum glauben konnte. Silvia Wollny, Mutter von 11 Kindern, weint vor der Kamera und sagt: „Das war eine wichtige Erfahrung für mich. Ich möchte das, was ich da drin erlebt habe, anderen Menschen ersparen. Wir hatten ja nichts, mussten von Wasser und Brot leben. Ich habe mich da durchgekämpft, aber ich wünsche das meinem größten Feind nicht.“

Silvia Wollny hat selbst schon viel mitgemacht in ihrem Leben. Sie weiß, was es heißt, arm zu sein. Doch mit dem, was sie bei Big Brother erleben musste, hat sie nicht gerechnet. Als es ihr selbst schlecht geht, denkt sie an die, die ständig so leben müssen: Menschen, die keine Wohnung haben, die auf der Straße leben. Darum sagt sie: „Diesen Menschen will ich helfen. Wenn ich die 100.000 Euro gewinne, will ich mich für obdachlose Jugendliche einsetzen. Ich werde mein Haus umbauen und dort Betten für Jugendliche von der Straße aufstellen.“ Was Silvia Wollny vorhat, finde ich stark: Sie spendet das Geld nicht einfach, sondern will sich selbst einsetzen. Will in ihrem eigenen Haus mit anpacken.

Big Brother ist erfolgreich, weil es Menschen bloß stellt. Die Teilnehmer werden gegeneinander ausgespielt und lächerlich gemacht. Klar, dass sie irgendwann anfangen sich zu beschimpfen und versuchen die anderen aus dem Haus zu drängen. Es ist eine Schule für Egoisten.

 

Silvia Wollny scheint nicht gewusst zu haben, worauf sie sich da einlässt. So nach dem Motto: „Big Brother kenn` ich nicht, da mach` ich einfach mal mit.“ Am Ende hat sie Big Brother die Show gestohlen. Denn im entscheidenden Moment guckt sie nicht nur nach sich, sondern sieht, dass es anderen Leuten noch schlechter geht. Rund 2 Millionen Zuschauer konnten abstimmen, wer gewinnt. Sie haben nicht die Klügste, den Schönsten oder den Witzigsten gewählt. Sie haben Silvia Wollny gewählt: weil sie für Menschlichkeit steht.

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