SWR2 Wort zum Tag

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Fake News hat es auch im Mittelalter schon gegeben – aber wenn sie doch dem Schutz der Schöpfung dienen sollten…?

Er soll ein großer Jäger gewesen sein  - im frühen Mittelalter hat das wohl dazugehört in adligen Gesellschaften. Bis eines Tages – angeblich an einem Karfreitag –  ein besonders schöner stolzer Hirsch vor ihm stand. Mit einem prächtigen Geweih – also echt einen Meisterschuss wert. Aber zwischen den beiden Geweihstangen erschien dem Jäger  ein leuchtendes Kreuz oder auch ein Gekreuzigter im Strahlenkranz. Wie gesagt: ein Karfreitag, Gedenktag des Kreuzestodes Jesu Christi.

Diese Vision, erzählt die Legende, hat Hubertus bekehrt. Er hat die Jagd gelassen, hat sich zurückgezogen und als Einsiedler gelebt, ist richtig fromm geworden und schließlich Bischof der heute belgischen Stadt Lüttich Liège…

Das mit dem Hirsch mit dem Kreuz im Geweih ist wohl eine Wanderlegende.  Wird jedenfalls schon vom heiligen Märtyrer Eustachius erzählt, in der Antike in Rom. Und ein bisschen seltsam ist es schon, dass irgendjemand diese Legende mit Hubertus verbunden hat. Vierhundert Jahre nach seinem Tod, um elfhundert erst. Seltsam – weil er da schon längst als Heiliger verehrt wurde. Es also gar nicht nötig hatte,  mit so einem Wunder geschmückt und hervorgehoben zu werden.

Schon klar – fake news konnte in diesen Zeiten niemand wirklich aufklären. Und von heute aus kann man wohl nur vermuten, wie es manche Historiker tun, dass diese Legendenbildung einen anderen Zweck hatte. Hubertus, der hoch verehrte heilige Bischof von Lüttich, und die Geschichte von seiner angeblichen Bekehrung  ist ein Stück Propaganda gegen die Jägerei. Oder jedenfalls gegen Auswüchse einer Jägerei, die damals  manche beklagten.

Und dann gibt es noch eine Wende der Hirsch-Legende: bis heute gilt ausgerechnet Hubertus als Patron der Jäger; um seinen Gedenktag heute herum gibt es die Hubertus-Jagd, die manchmal auch mehr ist als ein Wettreiten im Gelände. Und mancherorts wurde an St. Hubert die Jagdstrecke gesegnet…

Die Legende vom Hirsch mit Kreuzgeweih kann uns heute auf alle Tiere hinweisen – und auf die Schöpfung überhaupt. Die leidet – auch unter den Menschen.  Und der gequälte und sterbende Christus am Kreuz ist als ihr Bruder  auch bei den nicht menschlichen Lebewesen in ihrem Leid. Und fordert die Menschen auf, dass auch sie liebevoll mit ihnen umgehen;  sie sind mehr als Sachen, die ihnen gehören…

Wäre doch schön, die Hubertus-Geschichte so zu verstehen!? Und wenn Sie Hubert heißen,  wie der heilige Bischof von Lüttich im achten Jahrhundert:  Herzlichen Glückwunsch zum Namenstag heute!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27444
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