SWR2 Wort zum Tag

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An „unsere“ Toten denken wir und halten sie am Leben – aber was ist mit den anderen?

An alle Heiligen haben die katholischen Christen gestern gedacht und viele andere vielleicht auch. Aber auch schon an die Toten –  vor allem an die Verstorbenen aus dem eigenen Familien- und Freundeskreis denken die meisten an Allerheiligen. Dabei ist deren spezieller Gedenktag eigentlich erst heute; na gut, kein Feiertag – da lag es irgendwie nahe,  den ersten November sozusagen doppelt zu belegen. Auf den Friedhof gehen, die Gräber schmücken,  den lieben Toten ein Licht aufstellen – das braucht schließlich auch Zeit.

Und am Ende wird es denen im Himmel da oben ziemlich egal sein, wann wir noch mal ganz besonders an sie erinnern. Wer in Liebe verbunden bleibt  mit den toten Eltern oder den früh gestorbenen Kindern  oder mit Geschwistern oder anderen nahen Menschen, denkt sowieso immer mal wieder an sie  und weiß sich von ihnen begleitet. Manche meinen ja sogar, dass das ein Teil vom ewigen Leben ist: dass es Menschen gibt, in deren Erinnerung wir lebendig bleiben –  mit Leib und Seele, sozusagen; mit Bildern aus unserem gemeinsamen Leben, mit Witzen und Sprüchen, die wir mal gemacht haben. Und auch mit den traurigen Erfahrungen, die wir damals geteilt haben, bevor der Tod uns auseinandergerissen hat.

Schon möglich, dass die Menschen einander ewiges Leben schenken, einfach dadurch, dass sie füreinander unsterblich sind. Und in Wirklichkeit heißt ewiges Leben ja genau, dass Gott eben keinen Menschen je vergessen kann. Weil Gottes Liebe eben über jeden Tod hinaus reicht und weil diese Liebe wirklich Leben bedeutet...

Warum dann noch Allerseelen feiern, heute, am 2. November, am Tag nach Allerheiligen? Für mich ist es der Tag für die vielen anderen Toten; für die Frauen Kinder Männer, die gelebt haben und gestorben sind und an die niemand mehr denkt. Vielleicht waren sie schon im Leben immer allein; man hat sie gern übersehen, so unbedeutend wie sie waren. Oder sie waren als letzte aus ihrer Familie übriggeblieben  und sind dann gegangen – soll denn wirklich niemand da sein, der an sie denkt und an sie erinnert?

Manche Christenmenschen setzen in diesen Tagen ein ganz ausdrückliches Zeichen dafür, dass auch an die Vergessenen in Wirklichkeit jemand denkt: Sie suchen und finden heute Abend ein Grab,  das dunkel geblieben ist und ungeschmückt; da sprechen sie vielleicht ein kurzes Gebet  und zünden ein Licht an und stellen es hin. Weil sie ja wissen: auch dieser Mensch lebt in Gottes ewiger Liebe. Da soll sein Licht auch hier unten leuchten –  wenigstens in dieser einen Nacht einmal im Jahr.

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