SWR2 Wort zum Tag

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Die Reformation kann man feiern – vor allem muss sie weitergehen in der ganzen Kirche

Reformationstag ist heute – ein Feiertag inzwischen in vielen Bundesländern. Mehr ein Fest, das die evangelischen Kirchen zu feiern haben  - schon klar. Aber auch katholisch sollte man diesen Tag ernst nehmen -  in diesem Jahr  vielleicht noch ein wenig ernster als immer schon.  Reformation – oder doch wenigstens eine sehr heftige Reform:  das ist nun wirklich dran. ecclesia semper reformanda – die Kirche muss immer wieder erneuert werden, neu formiert, wieder in die richtige Form gebracht werden: das ist ja schon immer richtig.

Aber in diesem Sommer ist der Ruf noch mal deutlich lauter geworden –  und anders als vor gut fünfhundert Jahren, zu Martin Luthers Zeiten, ist es ausgerechnet der Papst in Rom, der zum Neuanfang eingeladen hat. An das ganze Gottesvolk hat er einen Brief geschrieben. (http://w2.vatican.va/content/francesco/de/letters/2018/documents/papa-francesco_20180820_lettera-popolo-didio.html)  Alle sollen helfen, weil Papst Bischöfe Priester allein machtlos sind, wenn der Klerikalismus aufhören soll.

Der Papst schreibt von einem anormalen Verständnis  von Autorität in der Kirche – von Macht- und Gewissensmissbrauch. Er kritisiert einen Klerikalismus,  der die Persönlichkeit der Christen zunichte [macht];  und der dann auch zu so vielen Übergriffen und zu sexualisierter Gewalt geführt hat und vielleicht immer noch führt. Gerade die Katholiken in Deutschland können ihm da  eigentlich nur aus vollem Herzen zustimmen. Und erleben fast ein wenig überrascht, wenn Franziskus feststellt:  Der Klerikalismus erzeugt eine Spaltung im Leib der Kirche.

Keine Chance, übrigens, dass sich da jetzt irgendjemand zurücklehnt. Klerikalismus sei die Ursache von Macht-Missbrauch und Gewalt in der Kirche, und zwar egal, ob der nun von den Priestern selbst  oder von den Laien gefördert wird.

Ja – auch die sogenannten Laienmenschen,  also die Nicht-Klerikerinnen und  Nicht-Kleriker können so klerikal sein. Finden, dass Kirche nur da richtig Kirche wäre, wo Papst Bischof  oder wenigstens ein Priester oder Diakon aufläuft. Kein Wunder, dass manche von denen da  zu einer gewissen Selbstüberschätzung verführt sind, zu Anmaßung und Macht-Anspruch und Machtmissbrauch.

Wie gesagt: Wir könnten das Gedenken an die große Reformation  vor fünfhundertundeins Jahren heute durchaus nutzen, evangelische und katholische Kirche und alle Christenmenschen; sollten wieder und wieder auch auf die eigene Kirche schauen und auf den eigenen Reform-Bedarf, den eigenen Klerikalismus, die eigene Unachtsamkeit und Nachlässigkeit.

Da ist sicher noch viel zu tun – von vielen oder fast allen; und dass Kirche immer erneuert werden muss, bleibt sowieso richtig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27442
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