SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Manchmal machen das Leben oder die anderen Leute einen Menschen krumm. Aber es gibt die Einladung und die Kraft zum aufrechten Gang...

Da sitzt eine Frau im Gottesdienst am Sabbat-Feiertag, die offenbar ein echtes Problem hat. Sie ist seit achtzehn Jahren krank, erzählt das LukasEvangelium in der Bibel; weil sie nämlich von einem Geist geplagt wurde.

Egal, was das für ein Geist gewesen sein mag –  eine körperliche Beeinträchtigung vielleicht. Oder eine seelische Krankheit oder ein Konflikt mit einem anderen Menschen; eine unglückliche Beziehung, Gewalt in ihrer Ehe oder einfach eine unendliche Trauer nach einem großen Verlust: Fast jede und jeder kennt solche Zeiten bei sich oder auch bei anderen Menschen.  Diese Zeiten sind mal kurz, Gott sei Dank –  aber manchmal ist es auch wie ein böser Geist,  was sich da in einem Menschenleben breit macht und es niederdrückt. Und allzu oft sind es auch Menschen, ganz in der Nähe, die einen oder eine andere klein machen und in die Ecke stellen.

Und genau das erzählt Lukas: Sie war ganz verkrümmt und konnte nicht mehr aufrecht gehen. Immerhin: zum Gottesdienst in die Synagoge hat sie sich noch geschleppt – möglicherweise ja nur selten, aber zum Glück gerade heute. Zu ihrem Glück, weil an diesem Sabbat auch Jesus da ist und predigt und von Gottes Reich erzählt, das angebrochen ist.

Ich stelle mir so vor, dass die Frau irgendwo in der Ecke sitzt, hinten in der letzten Bank, abgetrennt sogar von den Männern im Frauenbereich, auf der Empore. Aber wer wie Jesus davon erzählt, dass Gott alle Menschen liebt, hat sicher auch Augen für die Menschen am Rand und in der Ecke, für die, denen es weniger gut geht als der bürgerlichen Mitte.  Jesus entdeckt sie und ruft sie zu sich. Und wie zum Beweis seiner Predigt sagt er der Frau:  Du bist gesund und befreit von deinem Leiden, er fasst sie an und sie richtet sich auf.

Als wäre eine Last von ihren Schultern gefallen, als hätten RheumaArthroseKrummerRücken und Schmerzen plötzlich aufgehört:  Sie richtet sich auf.

Vermutlich gibt es keine Erklärung für diese wunderbare Heilung. Ob es schon reicht, dass sich da jemand  einem so klein-gemachten Menschen einfach mal ganz zuwendet – wer weiß. Das ist übrigens auch dem Synagogen-Vorsteher egal, hier in der Geschichte, weil es nämlich Sabbat-Feiertag ist. Kommt gefälligst in der Woche und lasst euch heilen. Am Sabbat-Tag will er die Hauptrolle spielen; der ist für Gott da… Genau solche Leute haben lange genug die Frau krumm gemacht. Und tun es wohl noch heute – auch in Kirchen und Synagogen, aber sicher ebenso oft auch im ganz normalen Leben.

Ich hoffe auch für mich selbst um genug Kraft zum aufrechten Gang –  und vielleicht sogar die Stärke,  diese Kraft einer oder einem anderen weiterzugeben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27441
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