SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Wer soll das Land regieren? Wer wäre dafür der Beste? Vor allem in Zeiten, wo Wahlen anstehen, wird darüber viel gesprochen. Vor Wahlen wird aber auch viel versprochen. Dass dabei oft Versprechungen gemacht werden, die sich bald als hohl erweisen, ist nicht neu. Schon eine Fabel aus dem Alten Testament erzählt davon. Sie steht im Buch Richter.

Erzählt wird, wie die Bäume einen König suchen. Also starten sie eine Umfrage unter den möglichen Kandidaten. Zuerst fragen sie den Ölbaum. „Willst Du unser König sein?“ Der will es nicht. Wer sollte denn dann noch das kostbare Olivenöl hervorbringen, das die Menschen so erfreut? Auch der Feigenbaum sagt ab. Sonst müsste doch alle Welt auf die köstlichen Feigen verzichten. Und Nein sagt schließlich auch der Weinstock. Ohne Wein? Unvorstellbar, was dann den Menschen fehlen würde!

Ölbaum, Feigenbaum und Weinstock sind sich also einig: nur um majestätisch über den anderen Bäumen zu schweben, nur darum sollen sie aufgeben, was sie den Anderen geben können? Da meldet sich der dürre Dornbusch. Ich kann es am besten, sagt er. Bei mir, in meinem großartigen Schatten, werdet ihr alle Schutz finden. Wählt also mich!

Die Zuhörer damals haben die bittere Ironie sofort begriffen. Jeder wusste schließlich, wie sehr man die Früchte von Ölbaum, Feigenbaum und Weinstock brauchte. Und keiner konnte sich ernsthaft vorstellen, dass ausgerechnet der dürre Dornbusch Wohltaten für die anderen abwerfen würde.

So zielte die Fabel auf das Urteilsvermögen des Publikums. Und endete mit dem unausgesprochenen Appell: Prüft bitte selbst, ob und wie Anspruch und Wirklichkeit zueinander passen!

Ich finde, diese Pointe sitzt auch heute noch. Auch heute gilt: Lass dich nicht täuschen von großen Worten, die sich später nur als leere Versprechungen erweisen. Schau genau hin, und unterziehe das, was der Dornbusch sagt, einem Faktencheck!

Denn entscheidend ist ja nicht, wie sehr sich einer selbst in den höchsten Tönen lobt. Sondern auf das, was er tut und bewirkt, kommt es an. Ob er denen tatsächlich Schutz bietet, die ihm anvertraut sind. Ob er   Raum schafft für ein würdiges Leben. Ob er für inneren und äußeren Frieden sorgt. Und für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Ich finde, wer dafür eintritt, der hat zu Recht das Vertrauen aller verdient. Und der sollte das Land dann auch regieren.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27436
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