Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es gibt genug Menschen, die Gott brauchen. Andere brauchen ihn nie. Und dann gibt es wieder andere, die Gott nur dann brauchen, wenn es ihnen nötig erscheint. Geht mir manchmal auch so. Ich ertappe mich dabei, dass ich in manchen Situationen Gott herbeiwünsche. Hilf mir, dass ich eine Zusage bekomme, dass alles gut geht, dass meinem Kind nichts passiert. Leider läuft es oft nicht so, wie erbeten. Trotz meiner Stoßgebete. Ich kriege eine Absage, es geht – leider – nicht immer alles gut, mein Kind hat einen Unfall. Da drängen sich Fragen auf: Gibt‘s Gott nicht? Warum tut er nichts?

Schon in den biblischen Texten findet sich ein Widerhall dieser Erfahrungen und Fragen. Da ist Mose. Er hat seine Leute aus der Sklaverei befreit, ist mit ihnen geflohen. Hat sie vor Hunger und Durst bewahrt. Und jetzt endlich, nach Jahren, ist er ans Ziel seiner Träume angelangt. Vor ihm liegt ein Land, in dem angeblich Milch und Honig fließen. Hier können Mose und sein Volk eine Heimat finden. Mose bittet Gott: Du hast alles geschaffen, du hast alle Macht, lass mich in das gelobte Land ziehen. Doch Mose ist alt geworden in den Jahren der Flucht. Sein Weg endet hier, kurz vor dem Ziel. Er wird sterben. Sein Volk wird ohne ihn in das verheißene Land ziehen. Eine bittere Enttäuschung.

Ich muss feststellen: Der Gott der Bibel ist offenkundig keine Wunscherfüllungsmaschine. Gott macht nicht automatisch alle Hoffnungen wahr. Was aber ist dann ein solcher Gott wert? Ich lese in den biblischen Texten von einem Gott, der nur eins fest verspricht: Ich bin bei dir, egal, was auch passiert. In deinen Glücksmomenten – und auch im Scheitern und Sterben. Ich bin der Ich-bin-da. Darin liegt Gottes Macht. Nicht darin, alle Wünsche zu erfüllen oder alles gut zu machen. Sondern im Da-Sein. Das kann ich brauchen. Immer wieder.

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