SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Heute ist internationaler Tag zur Beseitigung der Armut. Das Anliegen ist berechtigt, aber auch schwierig. Armut beseitigen – das hört sich an wie eine viel zu große Aufgabe. Und genau deshalb gefällt mir die Aktion in einem kleinen Bäckerladen so gut. Er liegt direkt an einer Hamburger Hauptverkehrsstraße. An den Stehtischen wärmen sich ein paar Leute, die nicht gerade nach guter Kundschaft aussehen. Trotzdem bestellen sie Kaffee und süße Stückchen. Anstatt zu bezahlen deuten sie auf den Haken, der über der Ladentheke hängt. Kaffeepause ohne Geld, das scheint hier zu funktionieren.

Es funktioniert, weil in dieser Bäckerei die Aktion „Brot am Haken“ läuft. Immer wenn ein Kunde Geld übrig hat, dann zahlt er einfach ein Brot, einen Kaffee oder ein süßes Stückchen mehr als er haben will. Dafür kommt dann ein Gutschein an den Haken über der Ladentheke. Jemand, der kein Geld hat, darf sich dann an den Gutscheinen bedienen. So wie die Leute an den Stehtischen.

Eigentlich eine uralte Idee. Die ersten Christen haben sich sonntags in ihren Häusern getroffen. Jeder hat mitgebracht, was er zu Hause hatte. Die einen mehr, die anderen weniger, manche gar nichts.

Klar, man hat mit diesem Essen an Jesus und das letzte Abendmahl erinnert. Aber die ersten Christen wollten damit auch deutlich machen, dass Jesus immer für diejenigen da war, die nichts hatten, oder die niemand mochte. Und dass sie es genauso machen wollen.

Nächstenliebe heißt übersetzt Caritas – und die ist seit langer Zeit schon ein wichtiger Teil von Kirche. Heute erlebe ich die Caritas oder Diakonie als große Player in einer ganzen Reihe von Hilfsorganisationen, die ihre Sache wirklich gut machen. Aber ich erlebe auch, dass der echte Kontakt zu armen und bedürftigen Menschen in den Kirchengemeinden eher zurückgeht. Das ist schade, aber andererseits auch verständlich, weil sich ja jemand aus den eigenen Reihen professionell um sie kümmert.

Gerade deshalb finde ich die Aktion „Brot am Haken“ ein echtes Sahneschnittchen. Selbst und konkret etwas für die Armen tun. Das fördert die Bäckerei in Hamburg. Und sie zaubert wahrscheinlich das ein oder andere Lächeln auf Gesichter, die sonst vielleicht etwas weniger zu lachen haben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27405
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