SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ich kann es manchmal nicht mehr hören, wenn mein 10-jähriger Sohn mir schon wieder erzählt, mit welcher Attacke er das gegnerische Pokemon-Wesen besiegt hat. Oder mir einfach ungefragt erklärt, welche Macht ein Jedi-Ritter hat und in welchem Jahr das Raumschiff Enterprise unterwegs ist.

Da stelle ich mir dann etwas sorgenvoll die Frage - lebt dieser Junge zu sehr in seiner Fantasie-Welt? Ist das tägliche, reale Geschehen nicht aufregend genug? Oder ist es womöglich zu aufregend und provoziert gar die Flucht ins Fantastische? Die nächste Frage schließt sich an: was bringen solche Fantasiegeschichten? Als Mutter bin ich doch darauf bedacht, dass die Spiele meiner Kinder möglichst sinnvoll sind. Dass die Kleinen dabei auch was lernen.

Und dann kommt eines Abends beim ins Bett bringen diese Frage: „Mama, kann sich Gott eigentlich teleportieren?“ Ich verstehe nicht ganz und frage nochmal nach, was er meint. „Ich will wissen, ob Gott sich teleportieren kann?“. Da ich weder mit der Welt der Computerspiele noch den Science-fiction-Geschichten im Weltraum vertraut bin, lasse ich mich aufklären:

„Teleportieren, das gibt’s bei Raumschiff Enterprise. Das geht so: Du bist an einem Ort. Und in ein paar Sekunden bist Du an einem anderen Ort. Mit einem speziellen Transporter. Ganz weit weg.“

„Und warum sollte Gott sich teleportieren können?“ frage ich zurück:

„Weil, er muss ja an so vielen Orten sein. Er wird doch eigentlich überall gleichzeitig gebraucht! Da wär’s doch gut, er könnte sich teleportieren. Ganz schnell und überall hin.“

Da geht es meinem 10jährigen Sohn doch tatsächlich um eine hoch theologische Frage: Um die Omnipräsenz, die Allgegenwart Gottes. Ohne dass er je von dem Wort „Omni-Präsenz“ gehört hat. Und wohl deshalb denkt oder sagt er nicht: Gott ist allgegenwärtig, Gott ist in mir, in Dir und in allen Geschöpfen. Sondern für ihn entsteht die Allgegenwärtigkeit Gottes aus der Notwendigkeit: wenn er Gott ist, dann hat er gefälligst überall da zu sein, wo er gebraucht wird. Und wenn er sich dazu durch Raum und Zeit beamen kann, dann wäre das doch ganz geschickt.

Dass Gott zu jeder Zeit an jedem Punkt unserer Welt gegenwärtig ist, das zu glauben braucht eine Vorstellungskraft, die unsere (Denk)Grenzen übersteigt.

Meine Frage jedenfalls - was bringen diese ganzen Fantasie-Geschichten überhaupt?  – die hat sich erübrigt.  Ich hätte nach dem Gespräch mit meinem Sohn sogar eine Antwort auf die Frage: Was haben Raumschiff-Captain Kirk und der liebe Gott gemeinsam?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27374
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