SWR2 Wort zum Tag

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Diese email ging mir irgendwie zu Herzen. Sie hat mich gefreut und sie hat mir gezeigt: Es lohnt sich, einen langen Atem zu haben, wenn man in die Erziehung und in die Lebensbegleitung, von anderen Menschen investiert. „Ich weiß nicht, ob sie sich noch an mich erinnern können“, stand in der email. „Sie haben mich konfirmiert. Vor 20 Jahren war das. Jetzt wird meine Tochter konfirmiert. Da wollte ich wissen, was aus meinem Konfirmator geworden ist.“

Natürlich habe ich mich erinnert. Sie war wirklich keine einfache Konfirmandin. Mir ist vor allem in Erinnerung geblieben, dass sie stets heftig widersprochen hat. Und dass immer wieder alles ganz grundsätzlich in Frage gestellt hat. Sie hat sich daran wohl auch erinnert. Denn in der email stand dann auch noch der Satz: „Es wird sie wundern, dass ich meine Tochter dennoch im christlichen Glauben erzogen habe.“

Dennoch stand da. Die Auseinandersetzungen waren auch meiner ehemaligen Konfirmandin wohl noch in Erinnerung. Natürlich hat es mich zunächst gewundert, dass sie so schreibt. Aber dann doch auch beruhigt. Und gefreut. Wer seine Kräfte zugunsten anderer Menschen einsetzt, in die Förderung ihrer Gaben, braucht manchmal schon ordentlich Geduld und einen langen Atem. Wer in einen Menschen sät, bekommt vom Wachsen oder vom Ernten am Ende selber vielleicht gar nichts mehr mit. Da ist eine email wie die meiner Konfirmandin eher die Ausnahme.

Dabei weiß ich das eigentlich ja auch von mir selbst. Vieles, von dem ich heute zehre, manches, das heute in mir aufkeimt, verdanke ich Menschen, die mich gefördert und begleitet haben – oft schon vor Jahrzehnten: Eltern. Paten. Menschen, die mir einfach wohlgesonnen waren.

 „Gedenkt eurer Lehrer“, heißt es in einem Brief in der Bibel (Hebräer 13,7). Da tauchen bei der Erinnerung an die Schulzeit sicher auch Erfahrungen auf, die alles andere als hilfreich gewesen sind. Aber ich bin sicher: Es gibt auch die anderen Erfahrungen. Und „Lehrer“ steht ohnedies für alle, die geholfen haben, dass ich mit dem Leben gut zurechtkomme. Wenn ich ehrlich bin, müsste ich jetzt selbst auch eine ganze Reihe emails schreiben. Aber vielleicht ist es besser, wenn ich mich geduldig und liebevoll den Menschen zuwende, für deren Zukunft ich heute mitverantwortlich bin. Ob in der Familie. In der Schule. Oder da, wo ich mich ehrenamtlich engagiere. Ich freue mich, wenn etwas aufgeht. Und sei’s erst nach Jahrzehnten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27337
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