Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Das Vaterunser ist das Gebet, das am weitesten verbreitet ist. Die ganze christliche Welt kennt es, in allen Sprachen. Ich habe schon öfter miterlebt, wie Menschen  es gleichzeitig in verschiedenen Sprachen sprechen. Jeder und jede in der eigenen Muttersprache. Wenn die verschiedenen Sprachen dann im gleichen Rhythmus klingen, ist das für mich immer sehr aufregend und bewegend. Ein schönes Zeichen für die weltweite Gemeinschaft. Die Worte des Vaterunsers verbinden mich mit Christen in der ganzen Welt. Es gehört sozusagen zur Muttersprache des Glaubens.

Wer es seit Kindesbeinen geübt hat, kann das Vaterunser oft auch dann noch mitsprechen, wenn der Kopf nicht mehr so richtig will. Davon erzählen Menschen immer wieder. Und ich habe es selbst erlebt bei einem Onkel. Er war schon lange krank. Gesprochen hat er nicht mehr, dazu war er zu schwach. Früher hatte er Zeitungen und Bücher gelesen, die ganze Welt war für ihn interessant. Das war jetzt vorbei. Von all dem wollte er nichts mehr wissen. Die meiste Zeit lag er schlafend im Bett. Aber wenn wir ein Vaterunser mit ihm gebetet haben, dann geschah etwas Erstaunliches: Da kam auf einmal ein wenig Leben in ihn zurück. Er versuchte, mitzusprechen. Wir sahen, dass er sich erinnert. Seine Lippen haben sich mitbewegt. Diese uralten Worte haben offensichtlich auf ihn gewirkt. Und sein Gesicht entspannte sich. Für einen Moment war alles gut.

Ich kenne viele Menschen, für die mit einem Vaterunser „alles gesagt ist“. Im Vaterunser finden sie sich, ihren Glauben und ihre Sehnsucht nach Leben wieder. Deshalb beten sie es gerne. Und es ist ja auch ein einfaches Gebet, das man immer bei sich haben kann, immer und überall. Für mich ist es aber am schönsten, wenn ich das Vaterunser zusammen mit anderen beten kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27311
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