SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Dass die Vögel der Sorge über deinem Haupt fliegen, kannst du nicht ändern. Aber dass sie Nester bauen in Deinem Haar, das kannst du verhindern. “Ein schönes Wort, mit gleich zwei Lebensweisheiten: Die erste leuchtet direkt ein, die zweite ist wichtiger, aber auch schwieriger zu leben.

Ja, es ist so, Sorgen fliegen einen an, mit dem Älterwerden werden sie eher mehr, habe ich das Gefühl. Die Sorglosigkeit der Jugend schwindet. Erfahrungen und Narben des Lebens sorgen dafür. Man sorgt sich um liebe Menschen, um Gesundheit oder darum, wie viel in unserer Welt im Argen liegt. Vögel der Sorge fliegen viele.

Aber, man sollte unbedingt verhindern, dass sie sich einnisten. Rät die zweite Lebensweisheit. Warum eigentlich? Eine schlagende Antwort darauf gibt für mich das Lied: „Wer nur den lieben Gott lässt walten.“ Nicht einnisten lassen, denn es hilft nicht gegen Sorgen, wenn sie in mir Nester bauen. Eher geraten der Kopf und die Seele und das Leben immer mehr in ihren Sog.

Georg Neumark hat das Lied „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ geschrieben. Und stellt den Sorgen eine prägnante Frage entgegen.
„Was helfen uns die schweren Sorgen, was hilft uns unser Weh und Ach? Was hilft es, dass wir alle Morgen beseufzen unser Ungemach?“

Diese Frage ist ein prima Werkzeug, mit dem ich das Einnisten unterbrechen kann. Sie erinnert: Lass Dich nicht von den Sorgen in Bann schlagen. Wechsle die Perspektive. Konzentriere Dich nicht auf die Sorgen selbst, sondern auf das, was in den Sorgen und gegen sie hilft. Und dagegen, wodurch sie verursacht werden. Das Einnisten der Sorgen unterbrechen und so verhindern.

Georg Neumark gibt uns sein Werkzeug zudem in einer besonders kraftvollen Form an die Hand. Er sagt nicht einfach nur, dass Sorgen nicht helfen. Er singt es. Ich kenne kaum einen kraftvolleren Unterbrecher von Sorgen als Musik. Singen hilft, wenn sich Sorgen einnisten wollen.

Gute Musik enthält immer dieses Versprechen: Es gibt noch Möglichkeiten, auch wenn ich sie vor lauter Sorgen vielleicht nicht sehe. Für mich ist Singen auch ein Ruf nach Gott. Wenn ich das Gefühl habe, „außer sorgen geht nichts mehr“, dann ist Gott weg. Aber Gott ist das Gegenteil von „nichts geht mehr“. Gott ist „das“ beste Wort dafür, dass immer noch etwas möglich ist. Und gesungen verscheucht dieses Wort die Vögel der Sorge wirkungsvoll. Vielleicht flattern sie noch, aber nisten werden sie nicht. Denn: Es gibt immer einen Weg in Sorgen und aus ihnen heraus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27268
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