SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Was für eigenartige Motive hat christliche Kunst im Lauf der Zeiten hervorgebracht. Bilder, die predigen: den Feiertagschristus zB. Ich bin im Sommer in einer Kirche in Graubünden auf ihn gestoßen. Bisher war mir das Motiv ganz unbekannt.

Fresko Feiertagschristus in St. Peter Mistail/Graundbuenden

Eine Freskenmalerei – an der Nordwand der Klosterkirche. Da steht ein junger, bärtiger Mann - ohne Heiligenschein - auf einem Sensenblatt. Fast lebensgroß. Die Konturen sind erdfarben gemalt, wie das ganze Bild.Um den jungen Mann herum als Ornament – wie eine Girlande – verschiedene Geräte. Beil, Hammer und Sicheln. Was soll das bedeuten?

Bei näherem Hinsehen erkenne ich Wunden.Ein Märtyrer? Sollen es Folterwerkzeuge sein? Die hat man bei Bildern von Heiligen oft hinzugefügt. Um zu anzuzeigen, wie sie gequält und ums Leben gebracht wurden.

Aber zu sehen sind hier auch noch andere Werkzeuge: Eine Schere, ein Vermessungsgerät mit zwei Rädern. Kleidungsstücke, Rohlinge von Schuhen und Stiefeln aus Holz. Und ein Ochse samt Pflug. Eine merkwürdige Mischung.

»Feiertagschristus« hat man dieses Motiv genannt. Offenbar ist es im Mittelalter in manchen Regionen verbreitet gewesen. Vermutlich gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurde dieser »Feiertagschristus« in den frischen Putz gemalt - umgeben von all den Werkzeugen, die am Feiertag ruhen sollen. Natürlich auch die Hände, die sie benutzen.

Und: auch die Arbeitstiere – der Ochse vor dem Pflug soll an dieser Ruh teilhaben. Runter vom Acker! Ein Andachtsbild, das mich mahnt und einlädt:

Lass los! Heilige och den Feiertag als Ruhetag!
Leg dein Handy weg. Lass den Computer in Ruhe.
Lass das Schreiben – lass das Mailen – lass das ganze digitale Geschäft einmal ruhen.
Ohne eine Ruhepause verlierst du dich, verlierst deine Seele in Geschäftigkeit.

Und vergibst dir diese einzigartige Erfahrung: Einen Tag in der Woche befreit und entspannt erleben - erlöst von  den Mühen der Arbeit - von den modernen Arbeitsgeräten, die manchmal zu so etwas wie modernen „Folterwekzeugen“ werden können.

Für mich illustriert der »Feiertagschristus« aus Graubünden das Ruhewort von Jesus aus dem Evangelium.So als würde er mich persönlich ansprechen:
„Komm her zu mir! Lass hinter dir alle Mühe und Last, alles, was dich bedrückt. Ich schenke dir eine Pause, eine Ruhe!“ (Matth 11,28) Der »Feiertagschristus« ist mir zu einer Ikone für den Ruhetag geworden!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27195
weiterlesen...