SWR1 Begegnungen

SWR1 Begegnungen

„Ordensschwester in Ausbildung“ – so könnte man den Abschnitt bezeichnen, in dem sich Sr. Karoline Batusic befindet. Eine Ausbildung, die in der Regel acht Jahre dauert. Es ist ihr letzter Ausbildungsabschnitt: Sr. Karoline ist eine sog. Juniorin. 

„Eine Juniorin ist eine Schwester, die das Noviziat beendet hat. Und die tastet sich jetzt ins Ordensleben voll hinein. Darf schon selbstständig arbeiten und jetzt zeigt sichs dann richtig noch, wie das Gebetsleben und das Arbeitsleben gut zusammenpasst.“

Das Juniorat dauert fünf Jahre und endet mit einem knackigen Versprechen: Für immer und ewig Ordensfrau sein zu wollen. Und das bedeutet: Gott gehorsam zu sein, kein Geld und keinen Sex zu haben.

Wann trifft man überhaupt die Entscheidung, ins Kloster zu gehen?

„Ich war 38 – Spätberufene.“

Juniorin könnte man sogar noch mit Mitte 40 oder mit knapp 50 werden – je nach Ordensgemeinschaft. Und weil viele Ordensgemeinschaften in Deutschland ein hohes Durchschnittsalter haben, kann man sich im Kloster auch noch mit gut 40 Jahren fühlen wie ein…

„…Frischling. Neuling. Wobei wir ja immer Frischlinge sind im Kloster. Das Eintrittsalter wird ja älter, es steigt, aber man ist so hochmotiviert, auch wenn man älter ist, deswegen bist du dann immer noch Frischling in dem Milieu.“

Sr. Karoline lacht gerne und viel. Und das ist ansteckend. Wenn man genau hinhört, spürt man allerdings noch etwas anderes, etwas Tiefes. Viele Menschen übersehen das. Sie fragen nur an der Oberfläche und wundern sich, warum man sich heutzutage noch freiwillig dazu entschließt, kein eigenes Geld und keine Familie zu haben. Sr. Karoline kennt das nur zu gut. Sogar skurrile „Rettungsversuche“ hat sie schon erlebt:

„Einige wollten mir sogar noch einen Mann organisieren.“

Aber Sr. Karoline konnte ihr Umfeld beruhigen, denn:

„Nee, an dem liegts nicht. Manche hatten echt Mitleid mit mir, weil ich keinen Mann, anscheinend, gefunden hab, weil ich ja mitten im Leben war, und ja, das fand ich dann interessant. Und dann hab ich gedacht: So bedürftig seh ich doch jetzt nicht aus, dass die Abhängigkeit vom Mann dargestellt wird.“

Wenn Sr. Karoline also gar nicht gerettet oder bekehrt werden muss: Was hat sie dann gefunden, als sie sich für ein Leben im Kloster entschieden hat? Nach der Musik erzählt sie uns davon.

 Teil II:

Wenn man sich von Sr. Karolines Lachen nicht ablenken lässt, dann blickt man in zwei große, neugierige Augen. Sr. Karoline sieht alles. Als gelernte Heilerziehungspflegerin ist diese Fähigkeit lange Jahre ihr täglich Brot bei der Arbeit mit behinderten Menschen gewesen. Und diese sog. „Behinderten“ haben sie viel über die Liebe zum Leben gelehrt. Ihr hat diese Arbeit…

„…viel Freude gemacht! Die Bewohner, die haben mich so beschenkt, das kann man gar nicht in Worte fassen, wenn mans selber nicht erlebt hat in der Behindertenarbeit. Man wird auch provoziert und getestet bis auf die Knochen. […] Aber das Wesen und der Humor von den Bewohnern und die Liebe, die man von den Bewohnern bekommt, das war übermäßig!“

Nicht nur die Bewohner haben Sr. Karoline bis auf die Knochen getestet: Vor allem der Tod ihrer Mutter war wohl die bitterste Erfahrung:

„Nach dem Tod meiner Mutter gings mir nicht so gut und bin halt dann voll abgesackt, also mir gings echt nicht gut, konnt auch nicht schlafen und tagsüber war ich auch nicht mehr leistungsfähig – das ging so zwei, drei Jahre…“

…bis für Sr. Karoline die Entscheidung hieß:

„Also, entweder Medikamente oder Gebet, quasi, oder professionelle Hilfe dann.“

Schließlich hat Sr. Karoline beides gemacht: Beten und professionelle Unterstützung. Sie erinnert sich noch gut an ihren Anfang im Kloster:

„Die beste Psychotherapie ist das Noviziat, weil dann lernt man sich richtig kennen und weiß: Ach Gott, stimmt! Die Gefühle, die Verletzungen und man denkt: Ja, jetzt hast du eigentlich alles schon überwunden, aber: Nee, Karo! Du bist noch nicht soweit.“

Und doch war er irgendwann da: Der Punkt, an dem sie gespürt hat: Ich bin soweit.

„Es gibt Momente, da verfliegen alle Unstimmigkeiten. Das ist auch eine Magie. Das ist wie Zauber, könnte man meinen manchmal.“

Sr. Karoline muss über sich selbst schmunzeln, wenn sie feststellt, dass sie letztlich die gleiche Sehnsucht hat, wie wahrscheinlich alle Menschen. Auch sie sucht…

„…das Gefühl von Liebe, Verständnis und Geborgenheit, aber auch die Freiheit und die Unabhängigkeit – das ist den Menschen wichtig, weil du kannst jemanden nur lieben, wenn du ihn freiwillig liebst und ohne Vorschriften. Die Liebe soll ja leicht und unbeschwerlich sein und bedingungslos und das ist so das Grundbedürfnis von den Menschen, glaub ich.“

Sr. Karolines Sehnsucht hat sie ins Kloster geführt. Freiwillig. Aus Liebe zum Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27162
weiterlesen...