Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Mit Kleinkindern im Gottesdienst kann es schwierig sein. Auf der einen Seite können viele Paare nur gemeinsam den Gottesdienst besuchen, wenn sie ihre Jüngsten mitnehmen. Auf der anderen Seite ist der durchschnittliche Gottesdienst für kleine Kinder langweilig, ermüdend und überfordernd. Die Texte verstehen sie nicht, die Musik ist nicht die ihre und die Bänke behindern ihren Bewegungsdrang. Kein Wunder, dass sie unruhig werden und Unruhe verbreiten.

Erfahrene Eltern sind auf diese Situation vorbereitet. Sie haben Bilderbücher oder andere Beschäftigung dabei. Doch das hilft nicht immer. Manche Mutter, mancher Vater verlässt irgendwann entnervt mit dem Kind den Gottesdienst, weil es ihnen zu viel wird oder weil sich die Mitfeiernden gestört fühlen.

Eine Methode der Kinderberuhigung beobachte ich allerdings im Gottesdienst, die verblüffend erfolgreich ist. Bei keiner anderen Gelegenheit sehe ich so viele Eltern und Kindern, die in der Öffentlichkeit miteinander zärtlich sind. Kinder schmiegen sich an, spielen in den Haaren ihrer Eltern. Väter wiegen ihre kleinen Töchter auf dem Schoß. Mütter legen ihre Kinder an die Schulter und schaukeln sie sanft. Manchmal kommt es mir vor, als wenn die Zärtlichkeit einer ganzen Woche in diese Gottesdienststunde drängt. Und die Kinder sind zufrieden und genießen offensichtlich die gemeinsame Zeit.

Weder die Eltern noch die Kinder bekommen wirklich viel mit vom Beten und Singen. Trotzdem finde ich das Verhalten der Familien richtig, sogar fromm. Eine bessere Erinnerung an den Gottesdienst können die Kinder nicht sammeln: Gottesdienst als eine Zeit der Zuwendung. Und wir Kirchenleute werden ja nicht müde, immer wieder von der Zärtlichkeit Gottes zu sprechen, wie er uns Menschen zugetan ist, wie eine zärtliche Mutter und ein verständnisvoller Vater. Dann sind diese Familien im Gottesdienst doch eigentlich die beste Illustration dieser frohen Botschaft.

Und deshalb lenken mich die Kinder und Familien im Gottesdienst auch nicht ab. Sie lenken mich eher hin auf das Evangelium vom zärtlich liebenden Gott, das mir die Familien verkünden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27146
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