SWR2 Wort zum Tag

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Heute vor 21 Jahren ist Mutter Teresa gestorben. Ich habe Mutter Teresa in der Schule kennen gelernt - in einem knatternden 16-Millimeter-Film im Religionsunterricht. Es war uns ein bisschen unangenehm als wir mit ansehen mussten, wie sie die schwerkranken Menschen angefasst und umarmt hat. Und das Elend wurde im Film so hautnah gezeigt, dass ich fast meinte, den Geruch aus den indischen Slums noch in der nächsten Schulstunde in der Nase zu haben.

Ich erinnere mich daran, dass die Stimmung in unserer Klasse nach dem Film geteilt war: einerseits haben wir uns ein bisschen geekelt, und gleichzeitig haben wir die Frau im weiß-blauen Sari auch bewundert. Wie sie zugepackt hat, völlig angstfrei und meistens dabei gelächelt hat. Man hat ihr angesehen, dass sie die Menschen – oder was von ihnen übrig war – bedingungslos geliebt hat.

Mutter Teresa wurde im heutigen Mazedonien geboren und hat ursprünglich an einer High School in Kalkutta Erdkunde für die Oberschichtkinder unterrichtet. Mit 36 Jahren hat sie sich aber mehr für das Leben hinter den Schulmauern interessiert, dort war ein riesiger Slum.

Schnell haben sich ihr ehemalige Schülerinnen von der High School angeschlossen und einen Orden gegründet, die „Missionarinnen der Nächstenliebe“. Die Schwestern haben sich vor allem um Sterbende gekümmert. Sie haben sie von der Straße geholt und in eigens eingerichtete Sterbehäuser gebracht. Dort haben sie wenigstens für ein paar Stunden oder Tage noch die Wärme und Liebe der Schwestern zu spüren bekommen. Mutter Teresa hat gesagt: „Sie haben gelebt wie die Tiere. Da sollen sie wenigstens sterben wie Menschen.“

Viele Menschen hat interessiert: Woher nimmt diese Frau die Kraft und die Motivation für das was sie tut? Und Mutter Teresa hat darauf geantwortet: „Ich tue es für Gott.“ Sie ist Gott also weniger in philosophischen Überlegungen begegnet oder in mystischen Erfahrungen, sondern ganz konkret und hautnah in jedem Menschen in der Gosse von Kalkutta.

Ein englischer Journalist hat Mutter Teresa einmal beobachtet, als sie eine stinkende Wunde versorgt hat. Und erschrocken hat er gestanden: „Nicht für eine Million Dollar würde ich das tun!“ Mutter Teresa hat nur lachend geantwortet: „Ich auch nicht!“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27142
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