SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

In der Bibel passiert das den Jüngern immer wieder. Dumm dastehen. Das passiert mir immer wieder. Ich weiß was nicht, ich irre mich, ich vergesse was – und stehe dann dumm da. Zum Glück passiert nicht nur mir das. Und was ich tröstlich finde: Auch in der Bibel gibt es Menschen, die immer wieder dumm dastehen. Bestes Beispiel sind die Jünger, die Freunde Jesu. Es hat den Anschein, dass sie zu Lebzeiten Jesu eigentlich nichts kapiert haben. Sie permanent auf dem Schlauch standen. Da erzählt Jesus, dass er bald sterben wird – und er sagt voraus, dass das nicht das Ende ist, sondern dass er auferstehen wird. „Sie aber verstanden den Sinn seiner Worte nicht, scheuten sich jedoch ihn zu fragen.“ (Mk 9,32) Originalton Bibel.

Wie herrlich menschlich: Sie kapieren nichts, stellen aber lieber keine Frage, um sich nicht zu blamieren. Und es geht genauso herrlich menschlich weiter. Nach dem Jesus über seinen bevorstehenden Tod gesprochen hat, machen sie sich auf den Weg ins nächste Dorf, nach Kafarnaum. Und die Jünger haben nichts Besseres im Kopf als untereinander zu streiten, wer denn wohl von ihnen der Größte sei. Jesus spricht vom Tod - sie zanken über ihre Karriere. Und als Jesus sie fragt, über was sie denn auf dem Weg gestritten haben, herrscht das Schweigen im Walde.

Immer wieder stehen sie dumm da, die Jünger, die großen Vorbilder im Glauben. Das ist tröstlich und befreiend zu gleich. Tröstlich: Wenn ich mal wieder dumm da stehe, ich bin in bester Gesellschaft. Befreiend: Ich muss nicht immer alles kapieren, ich muss nicht immer auf alles eine Antwort wissen.  In einer Sache hoffe ich, mehr Mut zu haben als die Jünger. Mich nicht zu scheuen Fragen zu stellen, wenn ich was nicht verstanden habe. Und ganz ehrlich gerade in Dingen des Glaubens und der Theologie habe auch ich oft mehr Fragen als Antworten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27135
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