SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Was für ein Satz. Ein Schlag ins Gesicht eines jeden Intellektuellen. „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast.“ (Lk 10,21) Ein Satz von Jesus.  Mit den Unmündigen sind die Jünger Jesu gemeint.  Denn sie waren nicht die großen Intellektuellen, die für jede Situation ein passendes Zitat aus der Schrift parat hatten. Sie waren eher einfache Leute, Fischer, Handwerker, vielleicht waren auch ein Paar Tagelöhner dabei. Mit den Weisen und Klugen, den Intellektuellen, sind die Pharisäer und Schriftgelehrten gemeint. Das sind die, mit denen Jesus sich nie richtig verstanden hat. Meist hat er mit ihnen gestritten.

Es ist einfach, die Schriftgelehrten von damals kritisch zu beäugen. Aber der Satz Jesu: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen hast….“  gilt auch uns heute. Ganz besonders mir und meiner Zunft. Denn was bin ich als Theologe anderes als ein Schriftgelehrter? Ich habe sie studiert und studiere sie immer noch und immer wieder: Die Bibel, die Heilige Schrift. Und darüber hinaus die kirchlichen Regeln, Gesetze, Dogmatiken, Lehrschreiben usw. usw.. Nichts anderes haben auch die Pharisäer und Schriftgelehrten getan, das waren die Theologen zur Zeit Jesu. Und mit denen stand Jesus meist auf Kriegsfuß. Verstanden hat er sich mit den einfachen Leuten.

Der Satz ist ein Stachel im Fleisch für mich als Theologe. Und er ist auch ein Stachel im Fleisch für die Kirche, wo ja die Theologen häufig das Sagen haben. Aber wenn es der Kirche um die Botschaft Jesu geht, wie sie ja immer sagt, dann muss sie diesen Satz sehr ernst nehmen.

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27133
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