Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Warum fällt ausgerechnet bei mir immer das Glas um?“ Der Junge am Nachbartisch ist den Tränen nahe. „Warum ist mir das schon wieder passiert?“ -  „Sei nicht traurig, das kann uns  allen passieren.“, sagt die Schwester. Doch der Junge ist untröstlich: „Aber immer mir, obwohl ich doch so aufpasse.“

Fehler aushalten ist nicht einfach – gerade, wenn man sie erkannt hat und dennoch nicht loswird. Macken, Schwächen, kleine Unvollkommenheiten - jeder Mensch kann dazu irgendetwas erzählen. Wie dieser Junge im Restaurant. Dass man manchmal gerne anders wäre und es einfach nicht schafft. Und dann wird man ganz unzufrieden mit sich selbst.

Man kann sich darüber aufregen. Man kann Gott sei Dank auch oft etwas verändern. Aber trotz aller Optimierung: perfekt wird es nie. Es bleiben Störfaktoren, die sind einfach da – in mir und um mich herum. Was tun?

Eine kleine Geschichte sagt dazu folgendes:
Eine Spinne gleitet an einem schönen Morgen an ihren Faden hinab und baut ein wunderbares Netz, das im Laufe des Tages immer großartiger wird. Am Abend kann sie ihre Beute einsammeln.  Aber dann stört sie etwas. Da ist ein Faden, der einfach nicht in das Muster hineinpasst. Der ist auch vollkommen überflüssig, keine einzige Fliege hat sich darin verfangen. Verärgert über so etwas Unnützes reißt sie den überflüssigen Faden kurzerhand ab. Aber sofort fällt das ganze Netz zusammen., und stürzt mit ihr zusammen in die Tiefe. An diesem Faden ist sie morgens hinabgestiegen, und dieser Faden hatte ja gerade das ganze Netz zusammengehalten.

Soweit die kleine Geschichte. Ich verstehe die Geschichte so: Manches, was mich stört, hat vielleicht doch einen Sinn. Vielleicht macht es mich nachsichtiger mit den Fehlern Anderer. Es lässt mich verstehen, dass niemand perfekt ist. Gott liebt den Menschen auch mit Fehlern. Und er hilft uns, uns mit uns selbst und mit anderen zu versöhnen, wenn nicht alles rund läuft. Und das ist wichtiger als ein perfektes Muster oder als ein Essen, bei dem nichts umfällt. Sich bemühen, aber barmherzig bleiben mit sich selber und mit anderen – dann werden auch Fehler erträglich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27121
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