SWR3 Gedanken

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„Der Kirche ein Dorf geben“. Das hat der katholische Pfarrer in Tettnang gesagt. Als der Grundstein für ein neues Wohnviertel gelegt wurde: Das „Sankt Anna Quartier“. Jahrhundertelang haben sich Dörfer und Städte um die Kirchen herum gebildet. Und so gut wie jedes Dorf hatte seine Kirche, die sakrales und soziales Zentrum war. Das hat sich verändert. Heute sind die Kirchen meist nur noch optisch der Mittelpunkt eines Ortes. Und wenn nun der Tettnanger Pfarrer nun „der Kirche wieder ein Dorf geben“ will, dann ist das kein nostalgischer Wunsch, sondern er will Leben ermöglichen. Der Kirche, die sich von so viel Leben abgekoppelt hat und abgekoppelt wurde. Und er will ärmeren Menschen Leben ermöglichen, indem er ihnen bezahlbaren Wohnraum schafft. Dafür hat er, statt ein neues Gemeindezentrum zu bauen, der Stadt das kircheneigene Grundstück günstig zur Verfügung gestellt. Und dort entstehen nun 127 Wohnungen. Und zwar bewusst nicht nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung. Sondern für ärmere Menschen zu sozialen Mietpreisen, wie zum Beispiel 7 Euro pro Quadratmeter. Und das geht, wenn genug Menschen guten Willens sich zusammentun und sich nicht den scheinbar naturgesetzlichen Marktmechanismen unterwerfen. Die 127 Wohnungen gruppieren sich um die Sankt Anna Kapelle. Sie ist das Herzstück des Quartiers. Dort können dann verschiedenste Menschen ihr Dorf bilden, das ihnen zur Heimat wird: eine Wohngemeinschaft für behinderte Jugendliche, Familien mit Kindern, hilfsbedürftige Senioren, Einheimische und Menschen aus anderen Ländern. Mit dieser Art von Wohnen ist die Kirche dann wieder in der Mitte der Menschen. Und hat - wie früher, aber doch ganz neu - wieder ein Dorf um sich herum…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27091
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