SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Sieben Leben möcht ich haben“, so heißt ein Lied, das der Freiburger Kirchenmusiker Martin Gotthard Schneider geschrieben hat. Er spielt mit der Frage, was wäre wenn? Was wäre, wenn ich nicht das geworden wäre, was ich geworden bin? Was wäre aus meinem Leben geworden, wenn ich mich an dieser Weggabelung, an jenem Knotenpunkt anders entschieden hätte?

Sieben Leben möcht ich haben, heißt es in dem Lied. Es handelt vom Traum, mir auszumalen, was ich vielleicht hätte werden können. Ich bin ja nicht Kapitän geworden oder Dompteur. Weder Wunderdoktor noch Weltraumfahrer, wie es in dem Lied heißt. Und all das Andere auch nicht, was ich vielleicht gerne geworden wäre. Was aber durch konkrete Umstände verhindert wurde.

Ist das nun eine müßige, nutzlose Träumerei? Ich finde das Spiel mit Sehnsüchten und Träumen reizvoll. Mir wird dabei klar, dass zum Leben viele Optionen gehören. Solche, die ich ergreife und solche, die ich auslasse.

Ich glaube, deshalb lesen ja Menschen Romane oder Biographien, schauen Filme und gehen uns Theater. Um ihrer Phantasie Raum zu geben und sie ins Freie zu schicken. Darum verreisen Menschen aber auch. Um im Urlaub den nicht gelebten Seiten ihres Lebens Ausdruck zu verleihen.

Ob in der Realität oder in der Phantasie: Menschen suchen gerne das Weite und die Weite. Um so zu erfahren: ich bin noch etwas anders als eine aufs Funktionieren festgelegte Person. Es gibt Seiten an mir, die unentdeckt sind. Und die geweckt und gepflegt sein wollen.

Als Mensch bin ich ja, anders als das Tier, nicht festgelegt auf meine Instinkte, die mein Leben programmieren. Ich habe dafür eine eigene Verantwortung. Ich habe die Freiheit zu wählen. Auch wenn es manchmal Notwendigkeiten gibt, denen ich mich nicht entziehen kann.  

Am Schluss des Liedes von Schneider steht darum ein Wunsch: „Sieben Leben möcht ich haben! Eines ist mir zugeteilt. Und nur eines kann ich leben, ehe es im Nu enteilt. Dass dies eine, meines, hier mit Freude, Kummer, Pflicht und Spaß doch ein gutes Leben würde: hoffentlich gelingt mir das.“

Das klingt wie ein Segenswunsch für das eigene Leben. Die Bitte, ich möge mich nicht verlieren in Träumen oder Enttäuschungen. Sondern das mir gegebene Leben leben. Indem ich das mir Mögliche ergreife. Und das, was jenseits meiner Möglichkeiten liegt, entspannt und in heiterer Gelassenheit sein lasse.

 

 

 

        

            Was wäre, wenn...?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27034
weiterlesen...