SWR4 Abendgedanken

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Wie viele Sklaven halten Sie? Evi Hartmann antwortet darauf: 60 Sklaven arbeiten für mich. Evi Hartmann muss es wissen: Sie arbeitet als Professorin für Betriebswirtschaft in Erlangen. Und sie hat zu dieser Frage ein Buch geschrieben. Es heißt: Wie viele Sklaven halten Sie? 

Darin rechnet sie vor: So gut wie jeder Mensch in unserem Land beschäftigt rund 60 Sklaven. Wer ein Auto besitzt, ein Smartphone und Jacken, Hosen, Schuhe kommt schnell auf diese Zahl. Denn für all diese Produkte müssen Menschen in anderen Ländern wie Sklaven schuften. 

Ich fasse es nicht, dass es so was noch gibt.  Das Wort Sklave kenne ich eigentlich nur noch aus dem Geschichtsunterricht. Seit rund 150 Jahren sollte es damit vorbei sein.   

Doch Hartmann sagt, wenn wir ehrlich sind, leben und arbeiten auch heute Millionen Menschen wie Sklaven zu früheren Zeiten. Sie spricht zum Beispiel von Sklaven in den Minen im Kongo, die nach den Rohstoffen für unsere Elektronik graben. 

So weit muss ich aber gar nicht gehen. Zehntausende Migranten arbeiten zum Beispiel  in der Landwirtschaft in Spanien und Italien. Im spanischen Almeria stehen weltweit die meisten Gewächshäuser. Und die Erntehelfer verdienen  nur 25 Euro am Tag, obwohl es laut Gesetz doppelt so viel sein müsste. Das reicht hinten und vorne nicht. Darum leben sie in selbstgebauten Hütten aus Müll, ohne Wasser und Strom. Weil unsere großen Lebensmittelketten die Preise immer weiter drücken, werden die modernen Sklaven weiter im Müll wohnen. 

Ich wünsche mir, dass die Sklaverei endlich in die Geschichtsbücher verschwindet. Hartmann empfiehlt, sich schlau zu machen, wo die Sachen herkommen, die ich so kaufe. Einfach im Internet eingeben, wie das Produkt und der Hersteller heißen und die Worte Nachhaltigkeit, Skandal und Fairness ergänzen. Da finde ich in vielen Fällen leicht heraus, wie es den Menschen geht, die das Produkt herstellen. 

Eine andere Wirtschaft ist möglich: Es muss keine Sklaven geben, damit wir einkaufen können, was wir brauchen. Oft würde der Preis nur minimal steigen. Ein paar Cent mehr für die Tomaten oder Gurken. Wenn uns Verbrauchern alles egal ist, ändert sich nichts.  Evi Hartmann sagt: Firmen und Politiker bekommen mit, wenn die Leute protestieren. Es lohnt sich, mich zu informieren und kritische Fragen zu stellen. Damit ich eines Tages sagen kann: Ich halte keine Sklaven, sondern zahle faire Löhne an freie Menschen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26933
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