SWR3 Gedanken

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Für mich gibt es fast nichts Spannenderes als Familien und ihre Geschichte. Ich bin zum Beispiel quasi mit drei Eltern groß geworden. Mama, Papa und eine Tante, die uns sehr geprägt hat. Ich hatte eine Bilderbuch-Kindheit mit Hof, Tieren und viel Freiheit. Nachdem mein Opa gestorben ist, hat es dann geknallt. Der Klassiker, es ging ums Erbe. Inzwischen können alle Beteiligten immerhin wieder miteinander reden.

Ich hab direkt danach gedacht, nur bei uns ist es so schrecklich. In allen anderen Familien läuft es super.

Aber ich habe festgestellt, das stimmt gar nicht. Es gibt sogar eine Redensart, die heißt:  „Unter jedem Dach ein Ach“. Das beruhigt mich, wenn ich ehrlich bin.

„Unter jedem Dach ein Ach“. Ich hab zum Beispiel rund um Beerdigungen wirklich erfahren, dass der Satz stimmt. Wenn mir Familien in Trauergesprächen ihre Geschichte erzählen, kann ich manchmal den Schmerz viel besser nachvollziehen. Es kriselt eben überall: Mama kann die Schwiegertochter nicht leiden, die Tochter hat die Firma nicht übernommen, der Ehemann geht ständig fremd. Nirgends läuft es perfekt. Die Frage ist nur, wie die Familien damit umgehen.

Ich hab mich entschieden, den Kontakt zu meiner Tante abzubrechen. Das hat weh getan, aber es war auch befreiend.

Das Befreiendste war für mich aber erstmal überhaupt dieser Satz „Unter jedem Dach ein Ach.“ Dass ich eben mit der schweren Familiensituation nicht alleine bin. In jeder Familie ist es schwierig. Das zu erkennen ist entlastend und ein erster Schritt um Lösungen zu finden, wie ich besser damit leben kann.

 

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