SWR3 Gedanken

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In den letzten zwanzig Jahren sind dreiviertel aller Insekten in Deutschland verschwunden, ganze Arten. Irgendwie kann ich mir das gar nicht  richtig vorstellen. Ich fürchte, die wenigsten Leute stört das in ihrem Alltag. Manche witzeln, dass es doch sehr angenehm sei, dass weniger Fliegen und andere Viecher im Sommer auf den Autoscheiben kleben. Man vermisst eben nur das, was man liebt. Mitten in der Stadt ist das schwierig mit den Tieren. Selbst Mücken gibt es hier nicht so viele und die vermisse ich wirklich nicht.

Aber ich liebe es, wenn in den Blumen auf meinem Balkon alle möglichen Gottesgeschöpfe auftauchen, Tag- und Nachtwesen, zarte bunte taumelnde Schmetterlinge, schwere düster gemusterte Nachtfalter, dicke brummelige hungrige Hummeln, und sirrende Wespen. Die sitzen auf Blüten, tauchen mit dem ganzen Körper in süße Mahlzeiten oder strecken nur den Rüssel vor und saugen Leckereien aus Blütenkelchen.

Und dann kommen auch die Vögel: ein lautstarkes Amselpaar, Mauersegler fliegen pfeilschnell durch die Häuserschluchten und pfeifen schrill. Ein Rotschwänzchen zwitschert wie eine knarzige Tür und ein scheues Rotkehlchen versteckt sich vorsichtig zwischen Hortensie und Rose und guckt aus dunklen Kulleraugen.

Ich liebe diese kleinen Erscheinungen und verbringe gerne Pausen vom Schreibtisch damit, die Tierchen zu bewundern. Oder – wenn ich guter Laune bin - gegenanzuzwitschern. Ich meine mit dem Kennenlernen, der Bewunderung, und der Liebe zu den Tierchen entstehen Ideen, wie ich sie schützen kann. Vielleicht gelingt es ja doch, neue Lebensräume zu schaffen. Dazu ist keine Fensterbank und kein Balkon zu klein und jeder kann mitmachen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26894
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