SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Einen Sommerlieblingshit hat bestimmt jeder. Meinen hab ich entdeckt als ich etwa zehn Jahre alt war, auf einer alten Platte meines Vaters. Da waren lauter  Hits der 68er drauf und mitten darunter: ‘Sittin on a dock of the bay.’

Damals habe ich einfach nur den unfassbar coolen Sound geliebt. Und diese Zeilen: ‘Ich sitz hier in der Morgensonne - heut Abend werd' ich immer noch da sitzen. Guck zu, wie die Schiffe einlaufen und später wieder auslaufen…‘

Mein Herz war sofort voller Bilder, schon allein weil ich als Kind in Hamburg lebte. Schiffen zusehen war wie sonntags Kuchen essen.

Ich wusste weder wer Otis Redding war, nicht, dass er schon tot war als der Song herauskam und auch nichts davon was schwarze Musik ausmacht, nichts von der Hoffnung und Wut und Schmerz. Ich wusste nichts von dem Mann, der aus ärmlichen Verhältnissen stammte, oder von dem Kampf der Afroamerikaner um Freiheit und Gleichberechtigung.

Ich hörte einfach eine Stimme wie eine sanfte und mitreißende Umarmung, eine Stimme, die dich rausholt aus dem hier und jetzt, melancholisch an ein Ufer setzt, du guckst über den Hafen, schaust den Schiffen zu, dem Wasser wie es kommt und geht und alles andere ist nicht so wichtig, weil du eh nix ändern kannst.

Melancholisch, aber auch befreiend, für die gemacht, die das Meer lieben und die sich einfach dahinträumen.

Dann fängt er auch noch an zu pfeifen, pfeift auf alles und ich pfeife mit; lausche auf die Wellen und weiß noch nichts; träume mich in diesen Song, in diesen Sommer und meine sehnsüchtige Seele wird weit.

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