SWR2 Wort zum Tag

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„Angst kennen weder Engel noch das Tier“ so schrieb der Philosoph Martin Heidegger. Da wir aber weder Engel noch Tier sind, sondern Menschen, kennen wir sie sehr wohl. Dieses Gefühl ist uns leider gut bekannt, wenn sich die Kehle zuschnürt, das Herz rast und wir anfangen, in Schweiß auszubrechen.

Ich stand einmal auf einer Plattform in einem Baumwipfel, 20 Meter über dem Boden in einem dieser Klettergärten… Als ich auf einer Seilrutsche zur nächsten Plattform wollte, schoss mir kurz dieser Gedanke ins Hirn: „was, wenn jetzt das Stahlseil reißt“. Es war ein irrationaler Gedanke, denn diese Seile halten großes Gewicht spielend aus und waren in gutem Zustand, ständig überprüft….

Aber wenn sich diese verflixte Angst einmal eingenistet hat in den Gedanken, in der Seele, dann breitet sie sich aus, ob es mir passt oder nicht. Es war furchtbar da oben und ich habe gezittert und gebangt als wäre ich in Lebensgefahr.

Viele weniger heftige, aber dafür umso nachhaltigere Ängste bestimmen unseren Alltag: vor allem wir uns darum sorgen, wie es weitergeht mit Beruf und Familie, mit dem persönlichen Glück oder dem, was wir zum Leben brauchen.

Wenn ich mich frage, wie ich diesen Ängsten entkommen kann, komme ich nur auf ein einziges Gegenmittel: Vertrauen. Dies mag klingen wie eine Binsenweisheit. Aber tatsächlich kann ich sagen, dass mir in schwierigen Situationen, als mir Angst und Bange war, nichts anderes geholfen hat, als zu vertrauen. Darauf, dass es gut wird, dass ich getragen bin, dass ich auf die Begleitung Gottes hoffen darf. „Religiös“ sein heißt nämlich im Wortsinn genau dieses: auf Gott vertrauen, sich an ihn binden. Aus dieser „religio“, der vertrauensvollen Rückbindung heraus lässt sich leben, auch wenn es keineswegs heißt, dass mir nie etwas Schlechtes passieren kann. „Et hätt no immer jot jejange“, so drückt man es im Rheinland aus. Mir ist diese Haltung - „Kölsches Grundgesetz §3“ - sehr sympathisch. Das blöde ist, dass das halt nicht wirklich stimmt. Oft gehen die Dinge eben nicht gut, wenn jemand um kranke Angehörige Angst hat oder auf einem gefährlichen Weg verunglückt. Es bringt also nichts, sorglos und unvorsichtig durchs Leben zu gehen und nie mehr ängstlich sein zu wollen. Schließlich ist Angst auch wichtig, um möglichen Gefahren auszuweichen und nichts unnötig zu riskieren. 

So bleibt mir die Option, die mir die Beste erscheint: aufmerksam auf mich zu achten und auf die, die mir vertraut sind; sorgsam mit dem Leben und seinen Gefahren umgehen und dann darauf zu bauen, dass ich „religiös“ bin, rückgebunden und getragen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26870
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