Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Der Stellvertreter. Ein Schauspiel des deutschen SchriftstellersRolf Hochhuth aus dem Jahr 1963. Es geht darin um  die Haltung des Vatikans zum Holocaust. Besonders Papst Pius XII wird vorgeworfen, er hätte als Oberhaupt der katholischen Kirche den Judenhass der Nazis anprangern müssen. Und er hätte die Verbrechen an den Juden verurteilen müssen.

 

Das Stück war in Deutschland sehr umstritten; viele meinten, man hätte vom Papst keine klaren politischen Stellungnahmen erwarten dürfen. Andere meinten, wenn er mit aller Autorität sich den Nazis entgegen gestellt hätte, hätte das Wirkung gezeigt.

Ich glaube, das stimmt. Und ich finde es beschämend, dass die Kirche, zu der ich ja auch gehöre, in dieser Zeit nicht anders gehandelt hat.

In der Diskussionsveranstaltung, die ich besucht habe, war die Stimmung ziemlich antikirchlich. Ich kann ja nicht in die Köpfe der Menschen hineinschauen, aber es war doch zu spüren und an den Redebeiträgen zu hören, dass die Leute, die da waren, die Kirche in der damaligen Zeit als schlecht beurteilten. Man hätte wissen können und handeln müssen, aber…

Dann stand einer auf und sagte: „ich habe auch ein Stück Papst in mir. Pius XII hat viel gewusst, aber er wollte es nicht wissen,  und er hat zu viel geschwiegen. So geht es mir auch. Ich weiß über viele Missstände heute ein bisschen, kenne etwas vom Flüchtlingselend, weiß etwas über Waffentransporte und wie das zusammen hängt, aber ich steige nicht tiefer ein und befasse mich lieber mit meinen Alltagsproblemen. Auch mir wird man vielleicht einmal vorwerfen, nicht genug getan zu haben.“    

Betroffenes Schweigen.

Solche Gedanken entschuldigen nicht das Schweigen von Papst und Kirche zu den Gräueltaten des NS-Regimes. Aber ich bin nicht die Richterin für andere.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26843
weiterlesen...