SWR3 Gedanken

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Mamihlapinatapai – und nochmal: Mamihlapinatapai. Klingt wie Kauderwelsch. Oder wie eine Übung aus der Sprecherziehung. Tatsächlich hat Mamihlapinatapai aber viel mehr mit Schweigen zu tun, als mit Sprechen. Mit nicht-sprechen-wollen, um genau zu sein. 

Mamihlapinatapai sagen die Ureinwohner von Feuerland, wenn zwei ohne Worte wissen, dass sie sich das gleiche wünschen, aber keiner von beiden den ersten Schritt machen will. Mamihlapinatapai – kein Wunder ist das Wort so kompliziert und lang. Wenn keiner redet, ist der Weg zum Glück weit, ewig weit.

Ist das Romantik oder einfach Schüchternheit, wenn es so weit kommt? Jedenfalls ist es kein rein chilenisches Phänomen. Dass ich nicht rausrücke, mit der Sprache. Dass ich nicht sage was ich will, obwohl ich fast sicher bin dass mein Gegenüber das gleiche denkt. Das kenn ich von mir auch. Das Deutsche hat nur nicht so ein cooles Wort dafür.

Aber wenn es schon ein Wort dafür gibt, dass ich keine Worte finde, dann müsste es doch möglich sein, doch noch über das zu sprechen, was ich denke. Vielleicht müsste ich in so einer Situation einfach mal Mamihlapinatapai ausrufen – dann wäre die Sache auf dem Tisch und das Glück in Reichweite.

So ein gesprochenes Wort kann alles Mögliche in Gang setzen – selbst die Erde hat ihren Anfang ja in einem Satz gefunden – „es werde Licht“, sagt Gott, „und es ward Licht.“ Also, nur immer raus mit den Worten – mein Gegenüber wird mich schon verstehen. Es sei denn ich warte zu lange, denn dann passt nur noch: Mamihlapinatapai.

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