SWR3 Gedanken

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‚Fight‘ lese ich auf dem Unterarm des neuen Schülers. Ist das als Aufforderung gemeint: „kämpfe“? Sofort überlege ich, wofür der junge Mann wohl kämpfen möchte. Dann macht er eine Bewegung und ich sehe, dass das Tattoo noch weitergeht: „Fight for family“ steht da in dicken schwarzen Lettern. Kämpfe für die Familie – ein statement!

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das mit 24 Jahren so gesagt hätte. Meint er das echt so? „Ja, klar“, bestätigt er und strahlt. „Familie ist wichtig. Meine Eltern, meine Schwester – die sind mir wichtig. Und Freunde gehören eigentlich auch dazu.“

Wie er das so lässig erzählt, stelle ich mir eine glückliche kleine Familie vor, ungetrübt von Trennung, Streit und Abschieden. Aber ich hab mich getäuscht. Mein Schüler erzählt, dass seine Eltern schon lange getrennt sind und dass seine Schwester für ihn in dieser Zeit besonders wichtig geworden ist und dass er einige Jahre bei seinem Vater und einige bei seiner Mutter gelebt hat und dass Teile seiner Familie nach Spanien ausgewandert sind und dass er für jedes Familienmitglied da sein wolle, wenn es nötig ist.

Ich höre ihm fasziniert zu. Was für eine wunderbare Vorstellung von Familie! Wen dieser Mann erst einmal ins Herz geschlossen hat, der gehört dazu. Egal welche Barrieren das Leben einzieht. Kämpfen bedeutet für ihn, dass er für diese Menschen da sein will, Energie und Zeit investieren will.
Endlich einmal eine Kampfbegründung, die ich nachvollziehen kann. Für jemanden da sein, wenn’s drauf ankommt. Fight for it!

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