SWR2 Wort zum Tag

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Es ist so leicht, über andere herzuziehen. Und die Möglichkeiten moderner Kommunikationsmittel haben das noch gesteigert: In der Anonymität des Netzes kann ich Meinungen, die mir nicht passen, abqualifizieren, ohne selbst Farbe bekennen und Gesicht zeigen zu müssen. Ich kann mich an einem „Shitstorm“ beteiligen, der andere zum Schweigen bringen soll. Ich kann zu einem Kesseltreiben gegen unerwünschte Kontrahenten aufrufen und sie niedermachen. „Hate Speech“ nennt man das.

„Ich doch nicht…“ – höre ich in mir. Wirklich nicht? Die technischen Möglichkeiten mögen neu sein, doch das Problem ist uralt: Lästern hinter vorgehaltener Hand, unter Ausschluss der Betroffenen, hinter deren Rücken.

In seiner so genannten „Bergpredigt“ hat Jesus das Phänomen verbaler Gewalt aufgegriffen und scharf verurteilt. Ausgerechnet bei seiner Interpretation des fünften der zehn Gebote des Mose kommt er darauf zu sprechen. „Du sollst nicht töten“, heißt es da. Viele werden achselzuckend daran vorübergehen und denken: „Hab ich auch noch nie gemacht“. Und exakt da setzt Jesus ein und verschärft das Tötungsverbot:

„Wer zu seinem Mitmenschen sagt: ‚Du Nichtsnutz!‘, der gehört vor das höchste Gericht gestellt. Und wer zu seinem Mitmenschen sagt: ‚Du Idiot!‘, sollte im Höllenfeuer schmoren.“

Scharfe Worte! Sie leben vom Kontrast: eine kleine Schimpftirade, wie sie wohl jedem von uns – vielleicht täglich – über die Lippen kommt, soll mit der Höchststrafe belegt werden.

Ist das noch verhältnismäßig? Wohl kaum! Doch Jesus legt damit den Finger in die Wunde. Er geht nämlich aus von der Würde eines jeden Menschen als Ebenbild Gottes. Wenn ich das ernst nehme… – welches Recht habe ich dann noch, jemand anderen zu beschimpfen? Und mehr noch: Man kann schließlich auch mit Worten töten.

In einer Zeit, in der massenhafte Hetzkampagnen im Netz mit Mausklicks gestartet werden, ist ebenfalls ganz schnell jede Verhältnismäßigkeit ausgesetzt. Erklärtermaßen! Wer zu „Shitstorms“ aufruft oder „Hate Speech“ verbreitet, will seine Opfer zumindest mundtot machen –und vielleicht sogar mehr.

Jesus hatte also recht: derartige Threads gehören unterbunden. Im Namen Gottes! „Stop Hate Speech!“ – Das ist Jesu Devise, in und für unsere Zeit gesprochen. Ja, Meinungsverschiedenheiten muss man austragen, aber mit anderen Mitteln.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26772
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