SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Ich finde Predigten doof, Predigten sind einfach langweilig, das sagt mein Freund Gregor. Was ihn stört: man könne nicht nachfragen. Wie haben Sie das jetzt genau gemeint? Können Sie das nochmal erklären? Wie ich Gregor kenne, würde er auch gerne dem Prediger sagen: „Halt, Stopp, ich bin da mal ganz anderer Meinung!“ Gregor diskutiert für sein Leben gerne. Es passt nicht zu ihm solange zuhören zu müssen, ohne zu widersprechen.

Predigten können in der Tat totlangweilig sein. Das erzählt auch eine sehr amüsante Geschichte aus der Bibel (Apg 20,7-12). Der Apostel Paulus predigt – und er spricht wohl sehr, sehr lange… Ein junger Mann sitzt auf einer Fensterbank und hört zu. Und Paulus hört gar nicht mehr auf zu predigen. Da schläft der junge Mann irgendwann ein und da er ja nur auf einer Fensterbank sitzt, kippt er aus dem Fenster. Drei Stockwerke fällt er durch das Fenster herunter. Erschrocken eilt der Apostel Paulus herbei. Gott sei Dank, kann er den jungen Mann wieder zum Leben erwecken. Und dann? Dann fährt Paulus unbekümmert mit seiner Predigt fort…

Es ist also nichts Neues, dass Predigten manchmal sehr langweilig sein können. Und zu lang.
Und trotzdem: ich möchte nicht auf Predigten verzichten. Wann gibt es das heutzutage noch, dass sich jemand die Zeit nimmt, einen Gedanken laut zu denken? Sich mit einem Thema vor einer Öffentlichkeit auseinanderzusetzen? Durchzubuchstabieren, was der Glaube ist und was er mit meinem Leben zu tun hat? Da spricht jemand zu mir. Und das tut mir gut. Und meistens nehme ich einen Gedanken mit nach Hause. Etwas, das mich die Woche über beschäftigt. Letzten Sonntag war es zum Beispiel die Frage, was Freiheit für mich bedeutet. Bin ich frei in meinem Leben? Und warum ist das so? Diese Fragen sind es, die Predigten für mich so wertvoll machen. Und die diskutiere ich dann auch gerne nach dem Gottesdienst – mit der Pfarrerin und immer wieder auch mit meinem Freund Gregor.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26769
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