SWR2 Wort zum Tag

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„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, sagt Jesus. Wie man das macht? Das zeigen mir die Lila Damen – und Herren – in der Orthopädie, in der Thoraxklinik, in der Chirurgie und in den anderen Klinken Heidelbergs.  „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, das heißt im Krankenhaus schlicht und einfach: Sie sagen, wo es lang geht, wenn man sich im Labyrinth der Krankenhausgänge verlaufen hat. Sie schenken Tee und Kaffee aus. Sie schieben Rollstühle. Sie holen Zahnpasta und Haftcreme für die Patienten, oder besorgen ein frisches T-shirt. In all dem folgen sie  dem Rat von Hermann Hesse, der schrieb: „Fühle mit allem Leid der Welt, aber richte deine Kräfte nicht dahin, wo du machtlos bist, sondern zum Nächsten, dem du helfen, den du lieben und erfreuen kannst.“ Helfen, lieben und erfreuen?

 Helfen: Denn das Gefühl, endlich wieder mal ein frisches Nachthemd auf der Haut zu spüren, ist für die Seele so hilfreich  wie ein Bibelwort. Lieben: Auch das gibt es: dass einem ein kranker Mensch für eine Zeit so nahe ist, dass man ihn nie wieder vergessen kann. Erfreuen: wenn man eine Stunde auf dem Krankenhausflur warten muss, gehört dazu manchmal nur eine Tasse Tee.

Die Lila Damen und Herren haben Zeit. Sie hören zu. Den Patienten, den Angehörigen, denen, die in der Klinik arbeiten.  Und das alles machen sie in der Freizeit, ohne Bezahlung, zwei bis drei Stunden in der Woche, manchmal auch länger. Einmal im Monat treffen sie sich, um über das zu reden, was sie erlebt haben, was sie belastet, und was ihnen gut getan hat.

Über hundert lila Damen – und auch einige Herren – gibt es allein in den Heidelberger Kliniken. Aber es gibt sie auch in Hamburg und Berlin, in Duisburg und in Karlsruhe. Sie tun, so heißt es in ihren Statuten, „ihren Dienst im Sinne christlicher Nächstenliebe“. Dazu gehört, dass sie zuverlässig sind. Jede hat ihre eigene Aufgabe. Dass sie verschwiegen sind, denn die Patienten vertrauen ihnen vieles an. Und dass sie belastbar sind. Nicht jeder kann das verkraften, andere Menschen leiden und manchmal auch sterben zu sehen.

Manche geben allerdings auch auf,  hängen den lila Kittel an den Haken hängen und sagen: Mir wird das alles zu viel. Denn einfach ist es nicht, und man braucht wirklich eine stabile Psyche, um da mitzuarbeiten. Aber die, die schon länger dabei sind sagen: „Es tut gut, helfen zu können.“ Aus Menschlichkeit und aus dem Glauben heraus an einen Gott, der nicht katholisch ist, nicht evangelisch, sondern ein Gott der Liebe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26658
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