SWR3 Gedanken

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Es sollen ja zornige, alte, weiße Männer sein, die sich in vielfacher Hinsicht radikalisiert haben. In Amerika sollen sie Trump gewählt haben und in Deutschland regen sie sich vor allem über die Flüchtlinge auf. Als ich bei einem runden Tisch zur Flüchtlingssituation in unserer Stadt sitze, da finde ich sie allerdings auch: zornige alte, weiße Männer. Aber die hier sind ganz anders.

Es sind zwar mehr Frauen als Männer anwesend, wie das oft ist bei Dingen, die ehrenamtlich erledigt werden. Aber sie sind da, die Männer. Meist im Ruhestand, und mit Zeit. Sie schrauben mit den Flüchtlingen neue Klingeln an alte Fahrräder und tragen gebrauchte Waschmaschinen in eine frischgestrichene Wohnung für eine fünfköpfige Familie. Es sind die Männer, die ihr Wissen in Werkstätten weitergeben, damit die Neuen wissen, wie man mit Feile, Säge und Schraubenzieher umgeht und wie man rechnet, damit auch was gescheits dabei herauskommt.

Und es gibt Männer, die sich hinsetzen und den Problemen der Familien zuhören. Und dann,  ja dann,  werden sie  auch mal richtig wütend und zornig. Weil sie nichts gegen die Probleme machen können. Weil die deutsche Bürokratie guten Ideen Steine in den Weg legt oder weil sie bei einer Abschiebung gezwungenermaßen Abschied nehmen müssen, obwohl sie es für nicht gerechtfertigt halten.

Ohne diese alten, manchmal zornigen, aber vor allem tatkräftigen Männern in der Flüchtlingshilfe hätte so manches nicht in der Vergangenheit geklappt. Und auch in der Zukunft werden wir sie brauchen.  Deshalb, möchte ich mich heute am Weltflüchtlingstag einmal bedanken. Bei diesen alten, zornigen weißen Männern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26653
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